Teheran. Der Konzern soll Bauteile für das iranische Atomprogramm mit Sprengstoff präpariert haben, um das Nuklearprogramm Teherans auszubremsen. Das deutsche Unternehmen weist die bizarren Vorwürfe zurück - seit 1979 seien keine derartigen Teile mehr ausgeliefert worden.
Teheran wirft dem Münchner Technologiekonzern Siemens versuchte Sabotage von Atomanlagen mit Hilfe von Minisprengsätzen vor. Sicherheitsexperten hätten die Explosivstoffe in Geräten entdeckt, die die iranische Regierung für ihr Atomprogramm gekauft habe, sagte der Abgeordnete Alaeddin Borudscherdi am Samstag. "Die Geräte sollten nach der Inbetriebnahme explodieren, um unsere Systeme zu zerstören", sagte er. Siemens wies die Anschuldigungen umgehend zurück.
Borudscherdis Angaben zufolge war der Sprengstoff in einem Siemens-Werk in die Geräte eingebaut worden. Die iranischen Behörden gingen davon aus, dass so die Urananreicherung gestört werden sollte. Experten hätten den Sprengstoff jedoch aus den Geräten entfernen können, bevor er explodieren konnte. "Die Weisheit unserer Experten konnte die Verschwörung unserer Feinde durchkreuzen", sagte Borudscherdi, der dem parlamentarischen Sicherheitsausschuss vorsitzt.
Siemens verweist auf Lieferstop seit 1979
Siemens-Sprecher Alexander Machowetz sagte, der Konzern mache keine Geschäfte mit Bezug auf das iranische Atomprogramm. Diese seien seit dem Sturz des Schahs und der damaligen Gründung der Islamischen Republik 1979 eingestellt. Die Vereinten Nationen haben den Verkauf von Ausrüstungsgegenständen für Atomanlagen an den Iran verboten. Siemens habe keine Geschäftsbeziehungen zum iranischen Atomprogramm, erklärte Machowetz.
Borudscherdi machte keine Angaben darüber, wann und auf welchem Weg der Iran das Material gekauft haben will. Deutschland ist trotz zahlreicher Sanktionen einer der wichtigsten Handelspartner des Irans. In der Vergangenheit hatten einige Regierungsvertreter in Teheran erklärt, dass bestimmte europäische Konzerne möglicherweise fehlerhafte Geräte mit dem Wissen amerikanischer Geheimdienste und ihrer eigenen Regierungen an den Iran verkauft hätten. Zu der gegen den Iran gerichteten Kampagne zähle auch die Entführung Wissenschaftlern und die Einschleusung des Computervirus' Stuxnet, der die Urananreicherung im Iran 2010 vorübergehend stoppte.
Vorwürfe an die IAEA
Erst am Montag hatte der Chef des iranischen Atomprogramms die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mit ungewöhnlich scharfen Worten kritisiert und der UN-Behörde Sabotage an den Nuklearanlagen seines Landes unterstellt. "Terroristen und Saboteure" könnten die IAEA infiltriert haben und im Geheimen Entscheidungen fällen, erklärte Fereidun Abbasi in seiner Rede vor der IAEA-Generalkonferenz in Wien.
Als Beispiel dafür nannte er einen Vorfall an einer unterirdischen Atomanlage in Fordo vom 17. August, bei dem Stromkabel auf dem Gelände explodiert und dort kurz darauf IAEA-Inspektoren eingetroffen seien. "Stand der Besuch etwa im Zusammenhang mit der Detonation?", fragte Abbasi. Insgesamt habe es zwei Sabotageversuche gegeben, die auf das iranische Atomprogramm abgezielt hätten. Die mutmaßlichen Täter rief Abbasi dazu auf, ruhig weitere Angriffe zu starten. Sein Land werde durch derartige Attacken lernen, seine Interessen zu schützen.
Fünf Wissenschaftler getötet
Der Iran hat die IAEA wiederholt beschuldigt, als Inspekteure getarnte Spione entsandt zu haben. Diese hätten dann Informationen unter anderem an die USA weitergegeben. Der Abgeordnete Borudscherdi sagte, sollte dieses Vorgehen andauern, könnte dies dazu führen, dass der Iran jegliche Zusammenarbeit mit der Behörde einstelle. Dazu habe Teheran das Recht, sagte Borudscherdi.
S eit 2010 wurden fünf Atomwissenschaftler im Iran getötet. Teheran macht dafür den israelischen Mossad ebenso wie die CIA und den britischen MI 6 verantwortlich. Während Washington und London jegliche Beteiligung zurückgewiesen haben, hat Jerusalem keine Stellungnahme abgegeben. Die USA und ihre Verbündeten verdächtigen den Iran, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms an der Entwicklung einer Atombombe zu arbeiten. Der Iran weist die Vorwürfe zurück. (dapd)