Essen. . Ab 1. September sollen Verbraucher für die ersten zwei Gesprächsminuten in einer Service-Warteschleife nichts mehr zahlen müssen. Doch es gibt viele Schlupflöcher, wie die Anrufer dennoch kräftig zur Kasse gebeten werden können.
Wer seine Versicherung mit einer Frage zum Vertrag anruft oder Konzertkarten über eine Service-Hotline bestellen will, kennt das leidige Problem: Ruckzuck landet man in einer Warteschleife, eine wohlfeile Stimme säuselt: „Wir verbinden sie mit dem nächsten frei werdenden Mitarbeiter“. Doch das kann dauern – und strapaziert nicht nur die Geduld des Anrufers, sondern mitunter auch den Geldbeutel. Denn solche Gespräche sind oft gebührenpflichtig.
Das soll sich mit den neuen Regelungen zum Telekommunikationsgesetz ändern, die am 1. September in Kraft treten Diese sehen vor, dass ab sofort bei Sonderrufnummern wie 0180- er oder 0900-er Nummern die ersten zwei Minuten in der Warteschleife kostenlos sein müssen. Zudem soll die Verbindung möglichst nach dieser Zeit gekappt werden, wenn das Anliegen des Anrufers nicht bearbeitet wurde. Experten kritisieren jedoch, dass es viele Schlupflöcher in dem neuen Gesetz gibt und Verbraucher oft schon ab der ersten Sekunde zur Kasse gebeten werden.
Bei „nachgelagerten Warteschleifen“ müssen Verbraucher weiter zahlen
So können Unternehmen nach wie vor für „nachgelagerte Warteschleifen“ sofort Geld verlangen. Dabei handelt es sich um Bandansagen, bei denen ein Sprachcomputer die Verbraucher um eine Eingabe über die Zifferntastatur bittet. Etwa die „1“, um mit einem Servicemitarbeiter verbunden zu werden. Solche Anrufe können bei einer 0900-er Nummer bis zu drei Euro die Minute kosten.
Auch müssen Verbraucher, sofern sie keine Flatrate haben, bei Warteschleifen-Gesprächen mit einer Orts- oder Behördenvorwahl weiterhin ab der ersten Sekunde bezahlen – selbiges gilt für Mobilfunknummern. Erst ab 1. Juni 2013 sollen Warteschleifen-Anrufe für ihre gesamte Dauer komplett gebührenfrei sein. Allerdings: Die nachgelagerten Warteschleifen vom Band sind weiterhin kostenpflichtig.
Dies alles stößt auf Kritik: Die Verbraucherschutzexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, bezeichnete die neuen Regelungen als „Mogelpackung“. „Wer sich auf die Informationen der Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner verlässt, wird bei der Telefonrechnung ordentlich überrascht werden. Denn für einen Großteil der Fälle ändert sich an den kostenpflichtigen Warteschleifen überhaupt nichts“, sagte sie der WAZ-Mediengruppe. Aigner und das Wirtschaftsministerium seien vor den Lobbyinteressen eingeknickt. Das Argument der Anbieter, dass die Umstellung auf kostenlose Warteschleifen technisch schwierig sei und Zeit brauche, wies Höhn zurück. Bei 0900er Nummern seien kostenlose Warteschleifen sofort möglich. Höhn: „Einige Firmen praktizieren das auch schon.“
55 Euro für 30 Minuten
Wie teuer solche Warteschleifen-Anrufe sind, habe auch eine Untersuchung der Grünen gezeigt: Bei Testanrufen seien 300 Service-Nummern angewählt worden. Bei der teuersten Warteschleife, ein Tarot-Anbieter, hätten die Kosten für 30 Minuten rund 55 Euro betragen. „Das wird auch weiterhin von den schwarzen Schafen ausgenutzt und die Bandansagen werden künstlich ausgedehnt.“, so Höhn.
Dem stimmt Thomas Bradler von der Verbraucherzentrale NRW zu. Er rät, sich immer zu informieren, welche Kosten mit einem Service-Anruf verbunden sind. „Man muss ins Kalkül ziehen, dass beispielsweise ein Billigflieger vielleicht das Ticket etwas günstiger anbietet, dafür aber der Service teurer sein kann“, sagte der Telekommunikationsexperte. Er rät auch, immer im Blick zu haben, ob das Gespräch in einer Warteschleife tatsächlich nach zwei Minuten gekappt wird. Falls nicht, sollten Verbraucher auflegen.