Frankfurt. Ab Mittwoch müssen Passagiere mit Chaos rechnen: Zum ersten Mal überhaupt streiken die Flugbegleiter der Lufthansa. Der Flugkonzern reagierte mit Unverständnis. Beobachter befürchten einen flächendeckenden Ausstand. Wann und wo gestreikt wird, soll allenfalls wenige Stunden im Voraus bekannt werden.

Zum ersten Mal überhaupt streiken die rund 19.000 Stewardessen und Stewards der Lufthansa, nachdem die 13 Monate andauernden Tarifverhandlungen in der Nacht zum Dienstag endgültig gescheitert sind. „Ab jetzt befinden wir uns im Arbeitskampf“, sagte Nicoley Baublies, Chef der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo, am Dienstag in Frankfurt.

Zunächst soll es ab Mittwoch punktuelle, mehrstündige Streiks an einzelnen deutschen Flughäfen geben, so dass Lufthansa-Maschinen dort nicht starten können. Details, wo und wann gestreikt wird, will Ufo aus taktischen Gründen allenfalls ein paar Stunden zuvor bekannt geben. In wenigen Wochen, so Baublies, seien auch „flächendeckende, unbegrenzte“ Streiks möglich.

Lufthansa will Streik-Auswirkungen "so klein wie möglich halten"

Stationen der Lufthansa in Ausland sind von den Aktionen nicht betroffen. Der Streik trifft die Lufthansa mitten in der allmählich zu Ende gehenden Feriensaison.

Peter Gerber, Personalvorstand für die Passagiersparte der Lufthansa, reagierte am Dienstag mit Unverständnis auf die Streikankündigung. Mit dem Angebot der Lufthansa hätten Flugbegleiter zwar etwas längere Einsatzzeiten, sie würden aber etwa 3,5 Prozent mehr verdienen und wären langfristig abgesichert.

Gerber kündigte zugleich an, man werde versuchen, die Auswirkungen des Streiks so klein wie möglich zu halten. Lufthansa sei gut vorbereitet, sagte Gerber, ohne Details zu nennen. Zugleich prüfe man juristische Möglichkeiten, um den Streik doch noch zu verhindern. Wenn nicht dies nicht gelinge, könne es täglich zu Schäden in Millionenhöhe kommen.

Ufo nennt Lufthansa "zynisch und einfallslos"

Letztlich waren die Gespräche nach einem fast fünftägigen Verhandlungsmarathon gescheitert, weil die Lufthansa nach Angaben von Baublies ein völlig inakzeptables Angebot für eine Gehaltserhöhung von etwas mehr als einem Prozent für drei Jahre vorgelegt hatte und die Regelung zur Höherstufung nach bestimmten Berufsjahren deutlich einschränken wollte. „Damit wären massive Gehaltseinbußen von bis 1.300 Euro verbunden gewesen.“

Ufo hatte nach einer dreijährigen Nullrunde einen Aufschlag von fünf Prozent gefordert. Auch die Gewinnbeteiligung wollte die Lufthansa deutlich reduzieren. Das Einstiegsgehalt für Flugbegleiter mit Zulagen liegt nach Angaben der Lufthansa aktuell bei 1.780 Euro brutto, in der letzten Tarifstufe sind es 4.000 Euro. Allerdings kann ein Purser, der Chef der Kabine an Bord, bis zu 7.000 Euro mit nach Hause nehmen.

Eine Schlichtung habe Gerber zuletzt abgelehnt, sagte Baublies. Die Position der Lufthansa sei „zynisch und einfallslos und der klassische Fall, in dem die Gewerkschaft die Notbremse ziehen müsse“.

Beobachter hoffen auf schnelles Ende des Flugbegleiter-Streiks 

Beobachtern zufolge könnte ein Streik aber schnell zu Ende sein. „Den großen Knall dürfte es nicht geben, bei den Gehaltsverhandlungen sind beide Seiten nicht weit auseinander“, glaubt Jürgen Pieper, Branchenspezialist beim Bankhaus Metzler. Bei einem Streik müsste Lufthansa mit täglichen Einbußen von bis zu drei Millionen Euro rechnen.

Die Verärgerung bei Ufo ist auch deshalb massiv, weil man sich stark bewegt und einen Einigungswillen habe erkennen lassen. „Wir haben in allen unseren Forderungen deutliche Abstriche gemacht und viele gewerkschaftliche Tabus gebrochen“, betonte Ufo-Verhandlungsführer Dirk Vogelsang.

Als komplett gescheitert betrachtet er die Verhandlungen über Leiharbeit und die Ausflaggung von Flügen in eine Billig-Airline. Allenfalls bis Jahresende habe die Lufthansa auf weitere Leiharbeit verzichten wollen. Ufo dagegen lehnt Leiharbeit entschieden ab. Das Unternehmen setzt bereits für Flüge ab Berlin rund 200 Leiharbeiter ein.

Ufo fürchtet zudem, dass rund 2.000 Arbeitsplätze in eine Lufthansa-Billig-Airline für den verlustträchtigen Europa-Verkehr ausgelagert werden könnten, bei der deutlich unter Tarif bezahlt wird.

Lufthansa leidet unter Billig-Airlines und hohen Kerosinpreisen

Im ersten Halbjahr hatte die Lufthansa einen Betriebsverlust von 20 Millionen Euro hinnehmen müssen. Auf das ganze Jahr allerdings erwartet sie einen Betriebsgewinn im mittleren dreistelligen Millionenbereich. Zu Jahresbeginn wurde ein neues Sparprogramm aufgelegt, mit dem bis 2015 rund 1,5 Milliarden Euro eingespart werden sollen. Deshalb werden weltweit 3.500 Stellen in der Verwaltung gestrichen.

Lufthansa leidet nach einigen Angaben unter der Konkurrenz der Billig-Fluglinien und der staatlichen Gesellschaften der arabischen Emirate. Zudem stöhnt sie aktuell unter hohen Kerosinpreisen. Nach Ansicht von Ufo-Chef Baublies sind diese Klagen übertrieben. Lufthansa sei gesund und habe weltweit unter allen Fluggesellschaften die besten Gewinnprognosen.