Brüssel. . Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins von 1,0 auf 0,75 Prozent – ein historisches Tief. Die Anti-Krisen-Aktion betrifft auch Verbraucher: Kredite werden günstiger, Sparen lohnt weniger.
Historischer Schritt im Kampf gegen die Schuldenkrise: Europas gebeutelte Bankenbranche kann sich künftig so günstig wie noch nie Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) borgen. Die senkte den Leitzins von 1,0 auf 0,75 Prozent. Gleichzeitig zahlt sie Banken, die ihr Geld kurzfristig bei der EZB parken, nun keine Zinsen mehr. Bisher bekamen sie 0,25 Prozent. Mit diesen Schritten will die Zentralbank die Wirtschaft im Euro-Raum ankurbeln – und den flauen Geldfluss zwischen Banken und Unternehmen beflügeln.
Doch diese Entscheidung im Lichte der Eurokrise hat auch direkte Auswirkungen auf die Verbraucher. In der Regel reichen die Banken niedrigere EZB-Zinsen an ihre Kunden weiter. Sprich: Verbraucher und Unternehmen erhalten günstiger Kredite, Hypothekenzinsen können sinken. Eine Bank muss aber ihre Kreditzinsen nicht senken, wenn die EZB den Leitzins verringert. Hält sie ihre Zinsen auf dem bisherigen Niveau, erhöht sich ihr Gewinn.
Weniger Zinsen auf Einlagen und Tagesgelder
Was Banken meist nicht versäumen, ist es, den niedrigeren Leitzins auf die Sparzinsen zu übertragen. Verbraucher werden also künftig für ihre Einlagen, etwa Tagesgelder, entsprechend weniger Zinsen erhalten.
Sparer müssen dabei die Inflation, also die Preisteuerung bedenken. Sie frisst die Zinserträge teils oder ganz auf. In Deutschland stiegen die Verbraucherpreise im Juni zwar nur um 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr – das war die niedrigste Inflationsrate seit Ende 2010. Allerdings werden etwa Tagesgeld-Einlagen bereits heute nur von wenigen Online-Banken höher verzinst. Die meisten Filialbanken und Sparkassen zahlen weniger als ein Prozent.
Leitzins wurde unter Draghi bereits dreimal gesenkt
Die EZB hat ihren Leitzins allein seit Mario Draghis Amtsantritt als Präsident der Notenbank im Herbst dreimal gesenkt. Draghi setzte zudem auf günstige Spezialkredite für Banken mit einer Laufzeit von drei Jahren: Die EZB pumpte im Dezember und im Februar etwa eine Billion Euro in die Bankenbranche. Die erhoffte Wirkung blieb aus: „Der Kreditfluss bleibt schwach“, räumte Draghi nun ein. Die EZB plane keine weiteren Spezial-Aktionen.
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Die EZB tut sich traditionell schwerer mit Zinssenkungen als etwa die US-Zentralbank Fed. Ihre Aufgabe ist es, die Inflation in Europa zu bändigen. Richtschnur dafür ist eine mittelfristige Preisteuerung von höchstens zwei Prozent.