Essen. . Telekom-Chef René Obermann kritisiert anlässlich des 20-jährigen Bestehens des digitalen Handynetzes ungewohnt scharf die Regulierung des Marktes. Investitionen seien im aktuellen Marktumfeld kaum wieder hereinzuholen.

20 Jahre digitaler Mobilfunk – eigentlich müsste das ja ein Grund zum Feiern sein. Doch René Obermann ist nicht unbedingt in Festtagslaune. Der Chef der Deutschen Telekom nutzte den runden Geburtstag des D-Netzes, um die Politik ungewohnt scharf zu kritisieren. Die Regulierung des Telekommunikationsmarktes in Europa sei investitionsfeindlich, sagte Obermann am Montag in Bonn. Die Telekommunikations-Anbieter müssten Milliardeninvestitionen stemmen, um den Netzausbau voranzutreiben. Doch bei der aktuellen Marktsituation sehe er kaum Chancen, das Geld auch wieder einzuspielen.

„Vielleicht dachte der eine oder andere ja, wir machen das heute per Holographie à la Star Trek“, leitete Obermann sein Statement ein. So weit sei die Technologie allerdings noch nicht vorangeschritten, witzelte der Telekom-Chef. Um auch gleich zum Thema zu kommen: Die Telekommunikations-Unternehmen müssten riesige Investitionen stemmen, um die immer weiter wachsenden Datenmengen, die durch Mobiltelefone, Telefonanschlüsse und Bezahlfernsehen entstehen, transportieren zu können. Dafür sei ein kontinuierlicher Ausbau des deutschen Glasfasernetzes unerlässlich. 60 bis 80 Milliarden Euro koste das in den nächsten Jahren, rechnete der Telekom-Chef vor. Das sei „praktisch nicht wieder zurückzuholen“.

Mehr Verlässlichkeit

Obermann sieht die Europäische Union in der Pflicht, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um Investitionen lohnenswert zu machen. Was sich der Telekom-Chef wünscht? Verlässlichkeit – und stabile Preise. Doch die Regulierungsbehörden schielten „nur auf Verbraucherpreise, nicht auf die Investitionskosten“, so Obermann. Auch Planungssicherheit sei nicht gegeben. „Wir sind nur zum Teil Herr über unsere eigene Struktur“, wetterte der Telekom-Chef Richtung Brüssel.

Der Deutschen Telekom machen vor allem drei Dinge zu schaffen: das defizitäre US-Geschäft, komplizierte Abstimmungsprozesse innerhalb der Verwaltung und neues Ungemach aus Berlin. Erst kürzlich trennte sich der Bonner Konzern vom Chef der US-Sparte. Philipp Humm wechselt zum Konkurrenten Vodafone, soll dort auch das Geschäft für Mitteleuropa und somit für Deutschland verantworten. Dabei war Humm eigentlich angetreten, T-Mobile USA auf Vordermann zu bringen. Ein Verkauf der US-Mobilfunksparte war am Veto der Kartellrichter gescheitert, Marktbeobachter sehen kaum Chancen für die Telekom, sich dauerhaft am US-Markt zu etablieren.

Die Defizite im Übersee-Geschäft verhagelten der Telekom auch die Bilanz. 2011 musste der Konzern einen herben Gewinneinbruch hinnehmen: 557 Millionen Euro verdienten die Bonner, nur ein Drittel dessen, was die Telekom ein Jahr zuvor erzielte. Die Probleme machen auch dem Aktienkurs zu schaffen: Die T-Aktie fiel im Juni unter acht Euro. Eine „Aktie zum Abgewöhnen“, schrieb etwa die ARD auf ihrer Internetseite, eine „Depot-Leiche“. Am Montag stand das Papier bei 8,70 Euro.

Personalabbau in der Zentrale

Die Telekom möchte außerdem Personal in der Bonner Zentrale abbauen. Sie sei zu breit aufgestellt, Abstimmungsprozesse dauerten zu lange, hieß es. Die Hälfte der 3000 Mitarbeiter soll gehen, Gespräche über einen Sozialplan seien bereits begonnen worden.

Und dann droht noch von anderer Seite Ungemach: Berlin hat Pläne, die Gebühren für die Teilnehmeranschlussleitung (TAL) zu senken, weil der Ausbau mit DSL-Anschlüssen zu langsam voranschreitet. Das gehe aus einem Bericht der von CDU/CSU und FDP eingerichteten Koalitionsarbeitsgemeinschaft „Ländliche Räume“ hervor, berichtete die Wirtschaftswoche.

Die TAL, die letzte Meile bis zum Hausanschluss, müssen andere Festnetzanbieter bezahlen, wenn sie das Telekom-Netz nutzen. Zurzeit sind das zehn Euro pro Anschluss. Die Einnahmeausfälle wegen einer geringeren Gebühr könnten in dreistelliger Millionenhöhe liegen, so das Blatt. René Obermann kommentierte das nur unwillig: „Sie sollten nicht alles glauben, was die Kollegen schreiben.“