Essen. . Der Münchener Prozess um Schmiergeldzahlungen in der Formel 1 wirft einen dunklen Schatten auf die weltgrößte Rennserie, die eigentlich noch dieses Jahr an die Börse gehen will. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone weist jegliche Schuld von sich.

Acht Monate lang hatte er geschwiegen, dann legte der ehemalige Risikochef der Bayern-LB ein umfassendes Geständnis ab. Gerhard Gribkowsky belastete darin den Chef der Formel 1 schwer. Bernie Ecclestone habe ihn beim Verkauf der Rennserie durch die Landesbank geschmiert, sagte Gribkowsky im Prozess vor dem Münchener Landgericht aus. 44 Millionen Dollar soll er dafür erhalten haben. Das könnte jetzt auch dem mächtigsten Mann der Rennserie Ärger bereiten. Und wirft einen Schatten auf den Milliarden-Zirkus Formel 1 – und den geplanten Börsengang.

Drei Milliarden Dollar soll der Gang aufs Handelsparkett in die Kassen der Formel-1-Betreibergesellschaft spülen. Die Pläne liegen zurzeit auf Eis. Warum? Ein vielgehörter Satz dieser Tage: Die Euro-Krise lasse nicht allzu viel Gutes erwarten. Die Rennserie befindet sich ohnehin in einer Phase des Umbruchs. Man bereite sich auf eine Zeit nach Ecclestone vor, heißt es in Branchenkreisen. Der mächtige Formel-1-Boss wird dieses Jahr immerhin 82 Jahre alt.

Umfangreicher Umbau

Ein neuer Chairman wird den Umbau vorantreiben. Peter Brabeck-Letmathe, österreichischer Manager und Präsident des Verwaltungsrates des Lebensmittelkonzerns Nestlé, solle eine neue operative Führung für den Rennzirkus bestimmen. Das dürfte Ecclestones Macht beschneiden. Bislang regierte der frühere Gebrauchtwagenhändler die Rennserie mit harter Hand. Und agiert noch immer so, als sei sie sein Eigentum. Er habe „die Schlüsselgewalt“, räumt dann auch der angeklagte Gerhard Gribkowsky ein.

Doch auch Ecclestone kann nicht ohne Geldgeber. Das Ereignis Formel 1 ist auf Kapitalspritzen angewiesen. Der Finanzinvestor CVC Capital Partners hält 70 Prozent an „Delta Topco“, der Finanzholding der Formel 1, zehn Prozent gehören Ecclestones Familie. Ein lukratives Unternehmen: Laut „Spiegel“ erwirtschaftete Delta Topco 2011 einen Gewinn von fast 1,2 Milliarden Dollar – bei einer Umsatzrendite von 78 Prozent. Inhaber der Formel-1-Rechte ist übrigens die „Formula One Group“. Und die gehört wiederum Delta Topco.

Im Münchener Prozess spielt auch auch CVC eine Rolle. Der britische Investor kaufte die Formel-1-Anteile der Bayern-LB. Die Bank hatte diese 2002 als Pfand für die Pleite des Medienimperiums von Leo Kirch kassiert. Gribkowsky sollte den Verkauf der Anteile organisieren. Das tat er auch – laut eigener Aussage im Sinne Ecclestones. Der entgegnete, er habe nie verlangt, dass die Bayern-LB an CVC verkauft. Gribkowsky habe versucht, ihn zu erpressen. Der Banker habe damit gedroht, den Steuerbehörden Details über sein Firmengeflecht zu verraten.

Bis zu neun Jahre Haft

Die Bayern-LB zahlte 66 Millionen Dollar Provision an Eccle­stone. Gribkowsky erhielt laut eigener Aussage im Gegenzug 44 Millionen vom Formel-1-Chef. Das Geld floss nach Österreich. Steuerfrei, am Fiskus vorbei. Gribkowsky drohen bis zu neun Jahre Haft, Ecclestone muss eine Anklage wegen Bestechung fürchten.

Sein Anwalt, der Düsseldorfer Jurist Sven Thomas, wies die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurück. Die Verhandlung in München sei für das Ermittlungsverfahren gegen Ecclestone nicht bindend. Der Formel-1-Boss erklärte gestern selber, Gribkoswkys Aussage sei keine Bedeutung beizumessen: „Der arme Junge sitzt seit 18 Monaten im Gefängnis, er würde alles sagen, um sich zu retten.“