Herten. . Das niederländische Outletcenter Roermond soll im Revier kopiert werden – in Duisburg und Werl. Die Industrie- und Handelskammern warnen vor Kaufdörfern, die Innenstädten und Vorort-Zentren zusätzlich Konkurrenz machen.
Michael Rüscher hat eine Gabe. Er kann Menschen auf Reisen schicken, mitnehmen an Orte, die so noch gar nicht existieren. Mit Hilfe von Fotos und Sprache leitet er die Zuhörer des Handelsforums Ruhr nach Duisburg. Sie sollen einkaufen im Factory Outlet Center (FOC), einer Art Kaufhaus-Dorf. Am Rande von A 59 und Bundesstraße 8, zwischen Marxloh und Hamborn, soll es entstehen. Das erste im Revier, 30 000 Quadratmeter groß, 140 Läden. Der Name: Douvil. Zwei weitere Center in NRW sind angedacht, in Remscheid und in Werl. Kaufdörfer liegen im Trend. Das in den nahe gelegenen Niederlanden, in Roermond, ist unfassbar erfolgreich.
Michael Rüscher kennt die Pläne für Duisburg. Er kennt die Stadt und die Argumente für das Center. Er leitet die Geschäfte der niederrheinischen Industrie- und Handelskammer. Der Mann wird die Argumente schlachten. Für ihn ist die Wahl des Standorts bedenklich.
Um Douvil an Marxloh und Hamborn anzubinden, um Einkäufer zum Weitershoppen in den Zentren zu bewegen, will Duisburg die vierspurige B 8 zum Boulevard ausbauen. Rüscher zeigt Fotos. Zu sehen sind: viele Straßen, Schienen, Brücken. „Boulevard“, sagt er und könnte wohl platzen vor lachen. Irgendwo, ganz klein am Rand der Bilder, sind die Handelskerne von Marxloh und Hamborn zu erkennen. Auf dem „Boulevard“ also sollen die Outlet-Käufer dahinschlendern. Von Marxloh bis Hamborn sind es 31 Gehminuten, so Rüscher. „Boah, ist das weit. Da fahre ich doch lieber nach Hause.“
Boulevard zwischen Hamborn und Marxloh
Rüschers Reise ist zu Ende. Der Kofferraum seines Autos ist voll. Er hat sein Geld in Douvil ausgegeben, sonst nirgends. Das ist der Punkt, den Rüscher machen wollte. Das Thema Verkehr hat er dabei nur gestreift und die aus seiner Sicht hoffnungslos überforderte Autobahnabfahrt gezeigt. Rüscher hat seinen Auftrag erfüllt. Er hat die Position der IHK verdeutlicht.
Roger Sevenheck, Chef des Douvil-Entwicklers GDG, sitzt ein paar Schritte von Rüscher entfernt. Er lässt sich nichts anmerken. Später wird er sagen: „Der Standort im Duisburger Norden ist städtebaulich hervorragend.“ Das Center liege nicht auf der „grünen Wiese“. Der örtliche Handel werde in alle Pläne eingeweiht. Gemeinsam werde man die Sache voranbringen.
Innenstädte schützen
Die Vertreter von Industrie und Handel im Ruhrgebiet sowie in den angrenzenden Kreisen, mahnen schon länger zur Vorsicht. Leicht haben sie es nicht, weil sie den Wettbewerb nicht töten wollen. Doch sie fühlen sich den Stadtzentren verpflichtet, den dortigen Kaufleuten, der lebendigen City. Diese gelte es zu schützen.
Die Kammern fordern Spielregeln in Zeiten des Wandels. Die Region schrumpft. 34 Milliarden Euro können ihre rund sechs Millionen Bewohner pro Jahr ausgeben, Tendenz sinkend. Die Handelsfläche aber steigt. Derzeit gibt es im erweiterten Revier 9,35 Millionen Quadratmeter Ladenfläche, so viel wie nie.
Handelsforum in Herten
Die sechs Kammern, zuständig für 84 Städte und sechs Kreise, nutzen ihr Handelsforum in Herten für einen Appell: „Großflächiger Handel muss auch im Revier möglich sein“, so Peter Schnepper, Vize-Geschäftsführer der IHK Nord Westfalen. Die Frage aber sei: wo und wie. Das Revier brauche eigene Lösungen. Die Entwicklung der Jahrtausendwende, Handel zum Schaden der Innenstädte auf die grüne Wiese zu knallen, sei zuletzt gestoppt worden. Stefan Postert von der IHK Bochum sagt: „Wir sollten Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.“