Berlin. . Die Bundesregierung will die Ausgaben für neue Windparks in der Nord- und Ostsee zum Teil auf Verbraucher und Wirtschaft umlegen. Der Strompreis dürfte deshalb weiter steigen. Der Gesetzentwurf ist Thema beim Energiegipfel am Mittwoch in Berlin.
Auf Stromkunden kommen zusätzliche Kosten zu. Mit Hilfe eines neuen Aufschlages auf den Strompreis will die Bundesregierung Verbraucher und Wirtschaft an den Ausgaben für die neuen Windparks auf Nord- und Ostsee beteiligen. Das Thema steht heute in Berlin auf der Tagesordnung der Gespräche über die Energiewende zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten.
Das Treffen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) anberaumt, um zahlreiche Probleme zu lösen. Nach dem Abtritt von Ex-Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und der Ernennung seines Nachfolgers Peter Altmaier (CDU) will die Kanzlerin neuen Schwung in die Energiepolitik bringen.
Schwierigkeiten gibt es unter anderem beim teuren und wenig erprobten Bau von Unterwasserkabeln, die die Windparks auf Nord- und Ostsee mit dem Festland verbinden sollen. Im Gesetzentwurf, der der WAZ Mediengruppe vorliegt, heißt es deshalb: „Die Kosten werden im Rahmen einer Offshore-Anbindungsumlage“ bundesweit abgewälzt und in den Stromrechnungen ausgewiesen.
Energiewende nicht zum Nulltarif
Die Umlage soll ähnlich funktionieren wie die heutige Finanzierung des Ökostroms. Privathaushalte bezahlen derzeit 3,59 Cent pro Kilowattstunde, die sogenannte EEG-Umlage. Der zusätzliche Wind-Zuschlag macht vermutlich nur einen Bruchteil davon aus. „Die Höhe und Ausgestaltung einer Umlage für die Meereswindparks und ihre Anbindung ist noch nicht festgelegt,“ sagt CDU-Energiepolitikerin Maria Flachsbarth. Es müsse den Menschen aber klar sein, dass die Energiewende nicht zum Nulltarif funktioniere.
Das Gesetz hilft vor allem einem aus der Patsche: dem niederländischen Staatskonzern Tennet. Ihm gehört das deutsche Stromnetz, durch das die Windenergie von der Nordsee an Land fließen soll. Vor einem halben Jahr hat Tennet jedoch eingeräumt, mit dem weiteren schnellen Bau der Anschlüsse finanziell überfordert zu sein.
Netzbetreiber entlastet
Zur Begründung sagt Firmen-Sprecherin Ulrike Hörchens: „Tennet kann nur dann weitere Investoren für die Anbindung der Offshore-Windparks gewinnen, wenn zuvor die Haftungsfrage klar geregelt wird.“ Nach gegenwärtiger Rechtslage müsste die Netzfirma hohen Schadenersatz an die Besitzer von Windparks zahlen, sollten die Anschlussleitungen nicht rechtzeitig fertig werden oder defekt sein. Einen Großteil der finanziellen Haftung für Ausfälle will die Bundesregierung künftig auf die Stromkunden umlegen.
Nun kann man sich fragen, warum die Verbraucher jenes Geld aufbringen sollen, das die Netzfirma sparen will. Tennet argumentiert, der Bau von Unterwasserkabeln sei aufwendiger als der von Landleitungen, weniger erprobt und deshalb kostenträchtiger. Davon abgesehen hat die niederländische Firma die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen wohl unterschätzt, als sie dem Düsseldorfer Energieriesen Eon zum 1. Januar 2010 dessen Hochspannungsnetz abkaufte.
„Akzeptable Rendite ermöglichen“
Die Regierung scheint bereit, den Investoren einen Teil des Risikos abzunehmen. „Es geht darum, den Erbauern von Leitungen und Windparks die Refinanzierung ihrer Kosten und eine akzeptable Rendite zu ermöglichen,“ so CDU-Energiepolitikerin Flachsbarth.
Doch damit nicht genug – größere Fragen stehen an. Tennet-Sprecherin Hörchens: „Ein Unternehmen alleine kann die in den kommenden zehn Jahren nötigen Investitionen von etwa 15 Milliarden Euro in Offshore-Anschlüsse und Gleichstromtechnik nicht schultern.“ Die Firma will die Verantwortung auf mehrere Unternehmen verteilen und eine gemeinsame Gesellschaft gründen. Eine mögliche Beteiligte wäre die staatliche KfW-Bankengruppe, wodurch der Steuerzahler abermals Geld zur Verfügung stellen würde.