Hannover. Mehr Gehalt: Für 550 000 Beschäftigte aus Bergbau, Chemie und Energiebranche startete die erste Verhandlungsrunde. In Hannover forderte die Gewerkschaft IG BCE sechs Prozent mehr Lohn - die Arbeitgeber: Wer älter ist, der soll länger arbeiten. Die Verhandlungen wurden ohne Einigung vertagt.

Die erste bundesweite Verhandlungsrunde für die 550.000 Beschäftigten in der Chemiebranche endete am Montag ohne Einigung. Zum Auftakt trafen sich am Mittag die Vertreter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und des Bundesarbeitgeberverbands Chemie (BAVC) in Hannover, um über einen neuen Tarifvertrag zu verhandeln. Die Gewerkschaft fordert sechs Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sowie eine Fortschreibung des Tarifvertrags „Lebensarbeitszeit und Demografie“. Die Arbeitgeber verlangen dagegen längere Arbeitszeiten für ältere Arbeitnehmer und lehnen die Gehaltsforderung als unrealistisch ab.

Es gebe noch "erhebliche Differenzen" bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen, sagte der Verhandlungsführer der Chemie-Arbeitgeber, Hans-Carsten Hansen. "Die Gewerkschaft blendet die Risiken zu sehr aus", fügte er hinzu. Bei der Entwicklung neuer Arbeitszeitmodelle vor allem für ältere Beschäftigte gebe es aber Schnittmengen. "Wir sind es gewohnt, Gräben zuzuschütten", gab sich Hansen zuversichtlich.

IG-BCE-Verhandlungsführer Peter Hausmann beurteilte die Gespräche bezüglich der Demografie-Frage ebenfalls optimistisch. Bei der Lohnforderung von sechs Prozent liege man jedoch "weit auseinander".

300 Demonstranten

Parallel zu den Gesprächen demonstrierten am Nachmittag knapp 300 Beschäftigte vor dem Tagungshotel. Die Tarifverhandlungen sollen am 23. und 24. Mai in Berlin fortgesetzt werden.

Im Vorfeld der Verhandlungen bekräftigte Hausmann vor allem die Forderung der Gewerkschaft nach flexibleren Arbeitszeitmodellen. „Wir wollen eine Regelung, damit bis zur Rente gesund gearbeitet werden kann“, sagte er. Bislang schieden viele bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahrs aus. Angesichts des demografischen Wandels sei es aber wichtig, dass für diese Mitarbeiter Lösungen für den möglichst langen Verbleib in den Betrieben geschaffen würden. Auch die Forderung nach sechs Prozent mehr Lohn sei angesichts der guten Situation der Firmen gerechtfertigt.

Aktionen angekündigt

Auch während der für die Dauer der Tarifverhandlungen geltenden Friedenspflicht werde man durch Aktionen in den Betrieben weiter Druck auf die Arbeitgeber ausüben, kündigte Hausmann an. Zudem verfüge die Gewerkschaft über gute Argumente und gehe zuversichtlich in die Gespräche.

Der Verhandlungsführer des BAVC, Hans-Carsten Hansen, verwies auf das bestenfalls „minimale Wachstum“ der Betriebe und forderte von der Gewerkschaft mehr Realismus in ihren Gehaltsforderungen. Auch bei den Regelungen zur Lebensarbeitszeit liege man weit auseinander. Durch den demografischen Wandel stehe weniger Arbeitsvolumen zur Verfügung, was nur durch eine Anhebung der Arbeitszeit ausgeglichen werden könne, sagte er.

Den bundesweiten Tarifverhandlungen für die 550.000 Beschäftigten der chemischen Industrie gingen neun Auftaktrunden auf regionaler Ebene voraus. Am 23. und 24. Mai soll in Berlin die zweite Verhandlungsrunde stattfinden. (dapd)