Stuttgart. . Das Emirat Abu Dhabi will beim Autokonzern Daimler aussteigen. Der Staatsfonds Aabar wolle sich aus der Daimler AG, dem Formel-1-Rennstall des Autokonzerns und auch aus dem gemeinsamen Investment beim Elektroautohersteller Tesla zurückziehen, heißt es.
Der Mercedes-Stern verliert bei arabischen Großanlegern an Glanz: Der größte Daimler-Aktionär Aabar aus dem arabischen Emirat Abu Dhabi will dem Stuttgarter Autobauer den Rücken kehren, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag von zwei mit dem Vorgang vertrauten Personen erfuhr. Der Rückzug könnte in Trippelschritten erfolgen und Kreisen zufolge über komplexe Aktien-Optionsgeschäfte abgewickelt werden, die in den vergangenen Wochen von mehreren Banken im Kundenauftrag getätigt wurden.
Aabar war Anfang 2009 mitten in der Finanzkrise dem damals finanziell klammen Autobauer mit einer Kapitalspritze über fast zwei Milliarden Euro beigesprungen und hatte sich so zu günstigen Konditionen rund neun Prozent des Kapitals gesichert. Im Zuge des Automobil-Booms in den Schwellenländern hat sich die Daimler-Aktie seitdem zwar verdoppelt, der Kurs zuckelt aber dem des weitaus erfolgreicheren Konkurrenten BMW deutlich hinterher. Aabar denke schon länger über den Rückzug bei Daimler nach, sagte ein Investmentbanker Reuters.
Auch das „Manager Magazin“ berichtete unter Berufung auf Konzernkreise über ein solches Vorhaben. Aabar wolle sich ebenso aus dem Formel-1-Rennstall des Autokonzerns und dem gemeinsamen Investment beim US-Elektroautobauer Tesla zurückziehen, berichtet das Magazin. Über die Modalitäten des geplanten Ausstiegs würden Gespräche geführt.
Daimler tappt derweil im Dunkeln: „Wir haben keine Erkenntnisse, dass Aabar seinen Anteil an Daimler reduzieren will“, sagte Daimler-Sprecher Jörg Howe. „Es hat dazu mit uns keine Gespräche gegeben.“ Aabar halte 9,04 Prozent und arbeite mit Daimler weiterhin zusammen. Der staatlich kontrollierte Fonds aus dem ölreichen Emirat am Persischen Golf ist der größte Anteilseigner von Daimler, zweitgrößter Aktionär ist das Emirat Kuwait mit knapp sieben Prozent.
„Hübsche Gewinne“ eingestrichen
Aabar könnte sich mit dem Ausstieg Zeit lassen und mit Hilfe von komplexen Optionsgeschäften gegen mögliche Verluste absichern, sagte ein Banker. Ein schrittweiser Abbau von Beteiligungen über solche Transaktionen sei durchaus üblich. „Abu Dhabi ist vor drei Jahren sehr günstig bei Daimler eingestiegen, jetzt könnten sie sich mit einem hübschen Gewinn verabschieden“, kalkulierte ein Händler. Im Krisenjahr 2009 hatte Aabar je Aktie 20,27 Euro bezahlt, nach deutlichen Abschlägen pendelten die Papiere am Donnerstag um 41 Euro. Von dem im Sommer vergangenen Jahres markierten Allzeithoch von 53 Euro sind sie damit weit entfernt. Aabar war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Die Araber hatten eine langfristige Beteiligung an Daimler angestrebt und finanzieren derzeit mit Daimler den Mercedes-Formel-1-Rennstall, eine Minderheitsbeteiligung von knapp acht Prozent am Autobauer Tesla wird mit den Stuttgartern geteilt. Tesla liefert Daimler unter anderem Batterien für Elektroautos und entwickelt im Auftrag der Schwaben Pkw-Antriebe. Einen Großteil seiner Daimler-Papiere hat Aabar inzwischen an unbekannte Dritte verliehen, der Fonds hat darauf allerdings ein Rückübertragungsrecht. Auch diese Transaktion wickelte Aabar hinter Daimlers Rücken ab.
Daimler fährt hinter BMW und Audi hinterher
Daimler kämpft mit Milliarden-Kosten für die Entwicklung verbrauchsarmer Antriebe und ist im Kerngeschäft Pkw gegenüber den Oberklasse-Konkurrenten BMW und Audi ins Hintertreffen geraten. Der jahrzehntelang unbestrittene Weltmarktführer bei Premium-Pkw rangiert nur noch auf Platz drei der Rangliste - die Wettbewerber aus Bayern verkaufen inzwischen mehr Pkw und verdienen auch deutlich mehr als die Schwaben. Von den Anlegern fordert Daimler-Chef Dieter Zetsche noch viele Jahre Geduld: Erst 2020 traut er sich die Rückeroberung des Throns in der Oberklasse zu.
Bis dahin muss Daimler einen Spagat zwischen hohen Investitionen in neue Fahrzeuge des Kompakt- und Luxusklasse sowie einem strikten Sparkurs zur Kompensation steigender Rohstoffpreise meistern. Große Fondsgesellschaften aus Deutschland wie Union Investment zweifelten zuletzt, dass Daimler die Konkurrenten bis Ende des Jahrzehnts wieder ein- und überholen kann: „Die schlafen auch nicht“, sagt Fondsmanager Michael Muders. (rtr)