Frankfurt/Kirkel. Die Baumarktkette Praktiker rutschte 2011 tief in die roten Zahlen. Die Kosten der geplanten Restrukturierung sorgten unter anderem für große Verluste. Der Jahresfehlbetrag liegt bei 554,7 Millionen Euro - im Vergleich zu 34 Millionen Euro im Jahr 2010.
Die Baumarktkette Praktiker kommt nicht aus den Negativschlagzeilen: Das Unternehmen rutschte im vergangenen Jahr noch tiefer in die roten Zahlen als erwartet. Investoren reagierten verschreckt, die Aktie brach am Mittwoch zu Handelsbeginn ein und verlor mehr als zehn Prozent.
Neben hohen Sonderbelastungen lief es auch operativ nicht rund - der als Sanierer im vergangenen Oktober geholte neue Vorstandsvorsitzende Thomas Fox steht vor einer großen Aufgabe, Praktiker wieder auf Kurs zu bringen.
Schlechte Zahlen für Praktiker
Das Unternehmen hatte seine Verluste im Geschäftsjahr 2011 im Vergleich zu den ersten neun Monaten des Jahres noch einmal erheblich vergrößert - unter anderem waren Kosten im Zusammenhang mit der geplanten Restrukturierung der Grund. Insgesamt belasteten Sondereffekte im Volumen von 473 Millionen Euro das Vorsteuerergebnis. Darin enthalten sind auch Wertberichtigungen auf Vorräte, Anlagevermögen, Firmenwerte und Rückstellungen, wie aus einer Firmenmitteilung von Dienstagabend hervorgeht.
Das alles führte zu einem Jahresfehlbetrag von 554,7 Millionen Euro - eine Vervielfachung dessen, was Praktiker 2010 mit knapp 34 Millionen Euro Verlust verzeichnet hatte. Aber auch die von Praktiker bevorzugte operative Kennziffer - das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) - lag mit knapp 62 Millionen Euro tief im Minus. Im Vorjahr war noch ein Gewinn von knapp 68 Millionen Euro erzielt worden.
Keine Rabattaktionen bei Praktiker
Die Verluste schreibende Baumarktkette hat in den vergangenen Jahren gegenüber der Konkurrenz deutlich an Boden verloren. Wettbewerber wie Obi, Hagebau oder Hornbach knöpfen dem Konzern Marktanteile ab. Bereits Anfang 2011 hatte Praktiker unter dem alten Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Werner ein neues Konzept vorgelegt, das unter anderem Rabattaktionen in Deutschland - wie die früher so beliebten "20 Prozent auf alles" - ausschließt. Diese Rabatte hatten zwar einige Jahre zu Umsatzsteigerungen geführt, doch waren die Margen damit erodiert.
Die Repositionierung von Praktiker Deutschland hat bislang jedoch nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt. Zudem bleibt die erhoffte Erholung des Auslandsgeschäfts aus. Praktiker ist dabei ausgerechnet in Ländern wie Griechenland oder Rumänien stark engagiert, die sich derzeit in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befinden. Das ursprünglich vom alten Management avisierte Ziel, bis 2013 wieder zu alter Ertragsstärke zurückzukehren, rückte in weite Ferne und kostete Werner den Job.
Praktiker als Discounter, Max Bahr als Qualitätsmarke
Fox hat sich als Sanierer der Warenhauskette Karstadt einen Namen gemacht. Er hat bei Praktiker ein hartes Sanierungspaket auf den Weg gebracht, das einen Abbau von mehr als tausend Stellen sowie Filialschließungen vorsieht. Zudem will er Mieten nachverhandeln und die Zentralen der Töchter Praktiker und Max Bahr in Hamburg zusammenlegen. Das Engagement in Auslandsmärkten soll überprüft werden, der Rückzug aus Albanien ist bereits beschlossene Sache.
Fox will die beiden Marken - Praktiker und Max Bahr - noch schärfer voneinander abgrenzen als bislang. Dabei soll Praktiker ganz auf den Discount ausgerichtet werden, die Preise sollen herabgesetzt und die Sortimente noch stärker gestrafft werden. Die Qualitätsmarke Max Bahr will Fox noch serviceorientierter aufstellen.
Dieses Programm kostet jedoch erst einmal Geld. 300 Millionen Euro hat Fox dafür veranschlagt. Vor allem steht die Frage weiter im Raum, wo die Mittel dafür herkommen sollen. Bereits bei der Vorlage des Maßnahmenpakets Ende November hatten sich Marktteilnehmer kritisch darüber geäußert. Inzwischen hat Praktiker Gläubiger einer Anleihe zum Zinsversicht aufgefordert. Ergebnisse sind bislang nicht bekannt. Etwas mehr Licht ins Dunkel soll nach dem Wunsch der Investoren die Bilanzpressekonferenz von Praktiker bringen, die am Donnerstag zum ersten Mal in Hamburg stattfindet. (dapd)