Essen.. „Beschäftigtenfeindlich“ und „skandalös“, so bezeichnen sie die Grünen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) möchte sie sogar komplett abschaffen: Minijobs. Bis zu 400 Euro kann man mit ihnen verdienen, doch der Stundenlohn von stellenweise nur fünf Euro steht in der Kritik.

Die jüngste Minijob-Entwicklung für die Privathaushalte und Betriebe zwischen Kettwig und Karnap dürften die Kritiker deshalb wohlwollend zur Kenntnis genommen haben. Die Essener unterlaufen den Bundestrend merklich: Von den insgesamt 12.000 neu eingestellten Minijobbern im privaten Bereich, stellt Essen ganze 29. Das sind gerade mal 1,5 Prozent mehr als 2010, bundesweit stiegt die Zahl um 5,4 Prozent an.

Im gewerblichen Bereich wurden in Deutschland zwischen Dezember 2010 und 2011 rund 75.000 Menschen mehr für einen Minijob angemeldet, ein Plus von 1,1 Prozent. Für Essen verzeichnete die Deutsche Rentenversicherung hingegen ein Minus von 0,6 Prozent auf noch 56.090 400-Euro-Kräfte. 2010 wurden noch 56.469 Menschen geringfügig beschäftigt.

Interessant ist dabei: Besonders unter den 19- bis 24-Jährigen brach die Zahl der gewerblich geringfügig Beschäftigten ein-- um fast vier Prozent. Nur noch knapp 9000 junge Essener sind momentan als 400-Euro-Jobber beschäftigt. „Für Schüler und Studenten wird es immer schwieriger, Aushilfsjobs zu bekommen, die Unternehmen beschäftigen einfach immer weniger von ihnen“, erklärt Claudia Müller, Sprecherin der Minijob-Zentrale, die sinkenden Zahlen.

Diesen Eindruck kann Marc Heistermann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverband Ruhr, bestätigen. In seiner Branche werden traditionell viele Minijobber beschäftigt, im vergangenen Jahr sei die Zahl der ausschließlich auf 400-Euro-Basis Beschäftigten zurückgegangen, gleichzeitig wurden in NRW über 60.000 Voll- oder Teilzeitstellen geschaffen.

Lieber auf dieAuszubildenden setzen

Auch im Hotelgewerbe wurden bislang gerne junge Minijobber beschäftigt, als Portier oder Servicekraft. Im Welcome Hotel an der Schützenbahn beschäftigt man hingegen überhaupt keine 400-Euro-Kräfte mehr, stattdessen setzt Personalleiterin Petra Fanselow lieber auf ihre 15 Auszubildenden.

Ganz ohne die Aushilfen geht es dann aber doch nicht. Bei Möbel Kröger arbeiten insgesamt 39 Kräfte. „Die machen aber nur 2,6 Prozent der monatlichen Gesamtarbeitszeit unserer Angestellten aus“, schränkt Carsten Homeier, Leiter der Personalabteilung, ein.

Bei der Essener Verkehrs AG (Evag) sind es 27 Mitarbeiter, die dauerhaft geringfügig beschäftigt sind, 26 von ihnen unterstützen den Fahrbetrieb. „Dabei handelt es sich meist um ehemalige Fahrer, die sich nun zu ihrer Rente noch Geld hinzuverdienen wollen“, sagt Mario Wunsch, Mitarbeiter für Personal- und Sozialwesen. Ähnlich agiert auch die Essener Sicherheitsfirma ISSA Security, die für den Objektschutz auf Erfahrung setzt und 75 überwiegend ältere Wachleute auf 400-Euro-Basis beschäftigt.

5596 über 65-Jährige sind in Essen auch im eigentlichen Ruhestand noch aktiv und bessern sich mit Minijobs ihre Rente auf. Auch hier sank der Wert leicht, um Minus 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Zusätzlich zu den 27 Minijobbern beschäftigt die EVAG bei Zeiten sogar deutlich mehr Geringverdiener. „Die Zahl schwankt sehr stark“, erklärt Wunsch. Bis zu 79 Kräfte bezahlt die Verkehrs AG, wenn beispielsweise Marktforschungserhebungen anstehen, oder Fahrgastzahlen erhoben werden sollen. Hier finden dann auch Studenten noch einen Aushilfsjob um sich ihr Studium zu finanzieren.

Auch bei Ikea Essen gibt man an, überwiegend studentische Minijobber zu beschäftigen. 10 Prozent der Mitarbeiter verdienen bis zu 400 Euro im Monat, 27 insgesamt.

Große Unternehmenverzichten

Große Unternehmen, wie RWE, Evonik oder auch die Messe Essen verzichten laut ihrer Sprecher aber komplett auf Minijobber im Konzern. Und selbst der Asta, die Studentenvertretung an der Universität Essen-Duisburg, wird mit der neuen Führung weniger 400-Euro-Kräfte einstellen. Man setze in Zukunft auf ehrenamtliche Arbeit, erklärte der Vorsitzende Felix Hesse.

Eine weitere gute Zahl für alle Minijob-Kritiker: Während die Niedriglohn-Jobs weniger werden, stieg die Zahl der sozialversicherungpflichtig Beschäftigten in Essen im letzten Jahr um 1,9 Prozent.