Erfurt. . Hunderttausende Beschäftigte im Öffentlichen Dienst haben Anspruch auf mehr Urlaub. Die Staffelung der Urlaubstage nach Lebensalter im Tarifvertrag widerspreche dem Gleichstellungsgesetz und sei rechtdswidrig, urteilte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.

Jüngere Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts Anspruch auf mehr Urlaub. Eine im Tarifvertrag vorgesehene altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer ist rechtswidrig, wie das Gericht mitteilte. Die Richter gaben einer zum Zeitpunkt der Klage 39-jährigen Arbeitnehmerin recht, die sich gegen eine solche Staffelregelung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) zur Wehr gesetzt hatte und 30 statt 29 Tage Urlaub wollte.

Die tarifliche Urlaubsstaffelung verfolgt nach Ansicht der Richter nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. Dies ließe sich bei Beschäftigten ab dem 30. beziehungsweise 40. Lebensjahr auch kaum begründen, erklärte das Erfurter Gericht. Die Dauer des Urlaubs der wegen ihres Alters diskriminierten Beschäftigten müsse daher auf 30 Arbeitstage pro Kalenderjahr erhöht werden.

Das Gericht legte bei seinem Urteil das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) zugrunde, nach dem Beschäftigte unter anderem nicht wegen ihres Alters benachteiligt werden dürfen. Der jedem Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr gesetzlich zustehende bezahlte Erholungsurlaub beträgt mindestens 24 Werktage und ist nicht an das Lebensalter des Arbeitnehmers geknüpft.

Unter 40-Jährige benachteiligt

Im TVöD ist demgegenüber geregelt, dass der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Arbeitstage und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage beträgt.

Die Differenzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter im TVöD benachteilige Beschäftigte, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und verstoße gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters, erklärte das Gericht.

Diskriminierungsverbot wegen des Alters

In dem verhandelten Fall wollte die am 27. Oktober 1971 geborene und seit 1988 beim beklagten Landkreis beschäftigte Klägerin festgestellt haben, dass ihr in den Jahren 2008 und 2009 und damit schon vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres über den tariflich vorgesehenen Urlaub von 29 Arbeitstagen hinaus jeweils ein weiterer Urlaubstag zugestanden hat. Sie hatte dies damit begründet, dass die altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters verstoße.

Das Arbeitsgericht hatte ihrer Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht wies sie auf die Berufung des beklagten Landkreises hin ab. Das Bundesarbeitsgerichts bestätigte jetzt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Somit steht der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zu.

Arbeitgeber fürchten hohe Kosten

Die Arbeitgeber sehen nach dem Urteil hohe Kosten auf sich zukommen. Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber (KVA), Manfred Hoffmann, sagte in Frankfurt am Main, eine Erhöhung des Urlaubsanspruchs für alle Beschäftigten auf 30 Tage führe bei den kommunalen Arbeitgebern zu einem Verlust von 1,6 Millionen Arbeitstagen pro Jahr. Dies bedeute Mehrkosten von rund 250 Millionen Euro jährlich. (mit dapd)

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 -)