Münster/Gladbeck. . Eine der wichtigsten Ruhrgebietsstraßen, die B224 soll zur Autobahn werden. Der Bürgerentscheid zum Projekt A 52 rückt näher. IHK-Präsident Benedikt Hüffer hofft auf Zustimmung für das Vorhaben.

Benedikt Hüffer, der Präsident der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, macht sich dafür stark, dass die B224 zur Autobahn ausgebaut wird. Kurz vor einem wichtigen Bürgerentscheid in Gladbeck wirbt er dafür, die Verkehrachse im nördlichen Ruhrgebiet zu stärken.

Hüffer (46) ist geschäftsführender Gesellschafter des Verlags Aschendorff in Münster. Als Präsident der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen vertritt der Familienunternehmer die Interessen von rund 140.000 Betrieben in der Emscher-Lippe-Region und im Münsterland. Zum IHK-Bezirk zählen unter anderem die Städte Gelsenkirchen und Bottrop sowie der Kreis Recklinghausen.

Ein wichtiges Autobahn-Projekt wird derzeit im nördlichen Ruhrgebiet diskutiert. Es geht um den Ausbau der B224 zur Stadtautobahn A52. Was halten Sie von den Plänen?

Hüffer: Das Vorhaben, die Strecke zwischen Gelsenkirchen-Buer und der A42 auszubauen, hat für die Region eine herausragende Bedeutung. Wir sprechen schließlich über die wichtigste Verkehrsverbindung zwischen dem Münsterland, dem nördlichen Ruhrgebiet und dem Großraum Essen-Düsseldorf. Tag für Tag befahren etwa 40.000 Autos die B224 auf Gladbecker Stadtgebiet. Seit rund 20 Jahren existieren Planungen, diese Verkehrsachse zu stärken. Vor dem Hintergrund knapper Kassen ist es ein riesiger Erfolg des Bürgermeisters, dass eine Lösung in greifbare Nähe rückt.

Fünf Jahre soll an der neuen Autobahn gebaut werden. Wird sich die Situation danach wesentlich verbessern?

Hüffer: Ja. Derzeit gibt es oft kilometerlange Staus vor den Ampelkreuzungen. Viele Pendler verlieren Zeit, und die Umwelt nimmt Schaden. Auch für Investoren ist die Situation nicht gerade einladend. Das wird sich mit dem Ausbau der B224 zur A52 ändern. Zum Vorhaben gehört auch ein 1,5 Kilometer langer Tunnel, der für eine deutlich geringere Lärm- und Schadstoffbelastung im Gladbecker Stadtgebiet sorgen würde. Allerdings ist das Gewerbegebiet Brauck dann nicht mehr so gut angebunden. Das schmerzt uns als IHK, doch ist der gefundene Kompromiss im Gesamtinteresse der Wirtschaft.

Am 25. März steht ein Bürgerentscheid zu dem Projekt an. Rechnen Sie mit Zustimmung?

Hüffer: Ich hoffe, dass die Bürger in Gladbeck diese einmalige Chance erkennen. Gladbeck bekommt eine Lösung, mit der wir nicht gerechnet haben. Der Bund will sich mit einem dreistelligen Millionenbetrag einbringen, das Land NRW zusätzlich rund zehn Millionen Euro für den Tunnelbau beisteuern. Bei der Stadt Gladbeck geht es um einen Eigenanteil von zwei Millionen Euro, was gemessen an der Gesamtsumme überschaubar ist.

Finden Sie es gut, dass nicht nur Ratsmitglieder und Abgeordnete über ein konkretes Autobahn-Projekt entscheiden, sondern die Bürger direkt ihre Stimme abgeben können?

Hüffer: Der Fall zeigt, dass es viel wichtiger als in der Vergangenheit geworden ist, die Bürger früh an Projektplanungen zu beteiligen. Fatal wäre allerdings eine pauschale Verhinderungsmentalität. Tatsächlich scheint es schwieriger zu werden, Individualinteressen in Einklang mit dem Gemeinwohl zu bringen. Jeder möchte möglichst in einer halben Stunde einen Großflughafen erreichen, um nach Mallorca fliegen zu können, aber niemand will Fluglärm in der Nachbarschaft akzeptieren.

Sind mehr Bürgerentscheide grundsätzlich der richtige Weg?

Hüffer: An dieser Stelle bin ich skeptisch. Grundsätzlich ist die Politik mit ihren gewählten Volksvertretern gefragt, wenn es darum geht, Infrastrukturprojekte zu erläutern und durchzusetzen. In der aufgeheizten Stimmung von Volksentscheiden haben Meinungsmacher zuweilen leichtes Spiel.

„Kraftwerk in Datteln ist auch aus ökologischen Gründen sinnvoll“

Widerstand von Anwohnern könnte dazu führen, dass in Datteln ein neues Steinkohle-Kraftwerk des Eon-Konzerns zur Industrieruine wird…

Hüffer: Dazu muss es nicht kommen, wenn die NRW-Landesregierung handelt. Egal, wer nach den Wahlen im Mai regiert, die Landesregierung sollte nicht auf die Gerichte warten, sondern selbst tätig werden und eine entsprechende Änderung des Landesentwicklungsplans initiieren. Das Kraftwerk in Datteln ist auch aus ökologischen Gründen sinnvoll, denn es produziert in erheblichem Umfang Strom für die Deutsche Bahn. Es wäre schlimm, wenn ein solches Projekt politisch scheitert, obwohl es für die Energiewende gerade jetzt dringend gebraucht wird.

Der Abschied vom Steinkohlenbergbau in Deutschland rückt näher. Welche Folgen hat das für die Region?

Hüffer: Der Kohleausstieg wird eine große Herausforderung. Schätzungen zufolge könnten bis zu 10.000 direkt betroffene Arbeitsplätze im Vest Recklinghausen wegfallen. In ähnlicher Größenordnung werden Zulieferer und Dienstleistungsbetriebe vom Ende des Bergbaus betroffen sein. Umso wichtiger ist es, dass die Ansiedlung neuer Firmen gelingt. Ich denke beispielsweise an das Projekt New Park in Datteln. Das 140 Hektar große Gebiet soll in den nächsten Jahren zum Top-Standort für neue Industrien in NRW werden. Bis zu 10.000 Arbeitsplätze könnten hier entstehen.

Die für Gelsenkirchen, Bottrop und den Kreis Recklinghausen zuständige IHK hat ihren Sitz in Münster. Ist das eigentlich noch sinnvoll?

Hüffer: Richtig ist, dass sich das Münsterland und die Emscher-Lippe-Region in den vergangenen Jahren wirtschaftlich sehr unterschiedlich entwickelt haben. Zudem ist im Münsterland die Einwohnerzahl gestiegen, im nördlichen Ruhrgebiet gesunken. Doch auch die Unternehmen im Ruhrgebiet profitieren davon, wenn sie einem starken IHK-Bezirk angehören. Wir zählen fast 140.000 Mitgliedsfirmen mit einem Bruttoinlandsprodukt, das insgesamt größer ist als die Wirtschaftsleistung der Slowakischen Republik.

Was halten Sie davon, den Zuschnitt der IHK-Bezirke zu ändern, um eine Ruhrgebietskammer zu schaffen?

Hüffer: Die IHK Nord Westfalen ist die zweitgrößte IHK in Nordrhein-Westfalen, wenn es nach der Zahl der Betriebe geht. Aus unserer Sicht hat es sich bewährt, dass wir uns – wie im übrigen vier andere IHKs im Ruhrgebiet auch - gleichermaßen für Betriebe in Großstädten und im ländlichen Raum einsetzen. Wenn sich die gewerbliche Wirtschaft aus anderen IHK-Bezirken anschließen will, sind wir dafür offen. Eine solche Diskussion ist grundsätzlich nicht neu. Bochumer Unternehmer zum Beispiel wollten Anfang der 50er-Jahre dem Bezirk Münster beitreten. Natürlich wäre ein solcher Schritt auch heute möglich. Dann entstünde der größte IHK-Bezirk in NRW. Die IHK-Beiträge, die die Unternehmen zahlen, werden dann noch niedriger sein, was doch eine schöne Sache wäre.