Essen. . Diebstahl einzelner Kupferkabel war gestern. Immer häufiger, so beklagen es Metallhändler, entführen dreiste Metalldiebe ganze Lkws, die wertvolle Edelmetalle geladen haben. Vermutlich mit Ziel Osteuropa. Die Polizei geht davon aus, dass organisierte Banden in das Geschäft eingestiegen sind.
Die Serie der Diebstähle wertvoller Rohstoffe reißt nicht ab. Die Bundespolizei in NRW bestätigt für 2011 rund 600 Fälle von Kabel- und Metallraub bei der Bahn – ein Drittel mehr als 2010. Nach Angaben des Verbandes deutscher Metallhändler (VDM) sind auch immer öfter private Unternehmen Opfer der Raubzüge: Mafia-ähnlich organisierte Banden kapern für den Versand bestimmte Edelmetall-Frachten bereits an den Verladerampen und entführen ganze Lkw-Ladungen nach Osteuropa.
„Wir registrieren mindestens einmal in der Woche einen Vorgang, bei dem mehr als eine Tonne Metall gestohlen wird“, sagt Ralf Schmitz, Hauptgeschäftsführer des VDM. Er glaubt, dass kriminelle Organisationen seit etwa einem Jahr im „Metallgeschäft“ mitmischen und die Edelmetalle in die Staaten der ehemaligen Sowjetunion sowie nach Bulgarien und Rumänien schmuggeln. Auch Jens Flören, Sprecher der Bundespolizei in St. Augustin, sieht das so: „Wir haben die Vermutung, dass es in Richtung Osteuropa geht.“
Diebe hacken Internetseiten
Das Geschäft ist lukrativ. Der Kupferpreis hat sich binnen acht Jahren auf dem Weltmarkt vervierfacht, der von Zink, Blei und Aluminium hat sich verdreifacht. Nach WAZ-Informationen nutzen Banden die Frachtbörsen im Internet. Dort erteilen Händler Spediteuren oder deren Subunternehmern Transportaufträge. Die Metalldiebe knacken die verschlüsselten Börsenseiten, fälschen Papiere, holen die wertvolle Fracht Stunden vor dem beauftragten Spediteur ab und verschwinden mit der Beute.
Die Diebstähle auf den Anlagen der Bahn haben in der Vergangenheit zu gefährlichen Zwischenfällen und Betriebsstörungen geführt. Allein 2010 waren das bundesweit 8000. Erst Freitag fielen deshalb im Ruhrgebiet wieder S-Bahn-Züge aus. Schwerpunkt der Diebstähle in NRW ist der Raum Dortmund. Allerdings handelt es sich – anders als bei der Entführung ganzer Frachtladungen – bei diesen Raubzügen meist um das Werk von Kleinkriminellen, die auch Gullydeckel oder auf Friedhöfen Grabkreuze stehlen. Die Bundespolizei glaubt, mit verstärkter Fahndung und Einsatz von spurensichernder DNA diesem Teil des Phänomens Herr werden zu können.