Essen. . Durch die Arcandor-Pleite hat Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz Milliarden verloren. Nun geht sie gegen ihren früheren Berater Josef Esch vor.
Es ist das Duell ungleicher Gegner. Auf der einen Seite steht ein Mann, der in jungen Jahren Maurer war und später viel Geld als Immobilieninvestor und Vermögensverwalter verdiente. Auf der anderen Seite befindet sich eine Frau, die einst zu den Reichsten der Republik zählte – und mittlerweile fast alles verloren hat. Vieles trennt Madeleine Schickedanz und Josef Esch, doch sie verbindet auch eine gemeinsame Geschichte. Es geht um den Niedergang des Essener Handelskonzerns Karstadt-Quelle, der zuletzt Arcandor hieß.
Lange war es ruhig geblieben um die Quelle-Erbin Schickedanz. Die ehemals wichtigste Arcandor-Aktionärin scheut nicht erst seit der Insolvenz ihres Unternehmens die Öffentlichkeit. Plötzlich allerdings steht Schickedanz wieder im Rampenlicht. Sie fordert Schadenersatz für ihre Milliardenverluste bei einer der größten Pleiten der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Im Visier befinden sich ihr einstiger Berater Josef Esch und das eng in den Fall Arcandor verwickelte Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim.
Drei Milliarden Euro verloren
Schickedanz-Anwalt Peter Rath bestätigte, dass im Auftrag der Unternehmerin ein Klageentwurf ausgearbeitet worden sei. Das „Manager Magazin“ berichtet, Schickedanz fordere vom Bankhaus Oppenheim, dessen Immobilienpartner Esch sowie zwölf weiteren Personen und Firmen Schadenersatz in Höhe von mehr als zwei Milliarden Euro. Allerdings wurde die genannte Summe im Umfeld von Schickedanz nicht bestätigt. Dem Vernehmen nach wollen die Anwälte der Quelle-Erbin still und heimlich über eine einvernehmliche Lösung mit der Gegenseite verhandeln. Parallel laufen Vorbereitungen für eine Klage, sollte es zu keiner Einigung kommen. Das Kölner Oberlandesgericht soll sich jedenfalls bereits mit der Causa Schickedanz contra Esch befasst haben.
Die einstige Milliardärin wirft Esch und Sal. Oppenheim angeblich vor, diese hätten sie aus Eigeninteresse immer tiefer in das Arcandor-Engagement getrieben. Das Ziel sei demnach gewesen, an die milliardenschweren stillen Reserven heranzukommen, die in den Karstadt-Immobilien lagen. Sal. Oppenheim und Esch weisen die Vorwürfe zurück.
Schickedanz hatte seit 2004 einen Großteil ihres Vermögens in Arcandor-Aktien investiert. Dabei finanzierte sie Zukäufe teilweise auch über Kredite. Im Sommer 2009 meldete Arcandor Insolvenz an.
Kurz darauf hatte die einstige Milliardärin der „Bild am Sonntag“ anvertraut, sie lebe mittlerweile „von 500 bis 600 Euro“ im Monat: „Wir kaufen auch beim Discounter. Gemüse, Obst und Kräuter haben wir im Garten.“ Im Zuge der Arcandor-Pleite habe sie rund drei Milliarden Euro verloren. „Ich habe viel zu spät gemerkt, dass ich die Kontrolle verloren hatte“, sagte Schickedanz. Auch ihre Gesundheit habe während der Unternehmenskrise gelitten.
Diskrete Lösung im Hinterzimmer?
Dem Vernehmen nach strebt die 68-Jährige eine gütliche Einigung mit Oppenheim, Esch und Co. auch an, weil sie einen kräftezehrenden Prozessmarathon vermeiden wolle. Sollte es indes zu keiner diskreten Lösung im Hinterzimmer kommen, könnte der Konflikt auf offener Bühne ausgetragen werden. Einen Vorgeschmack lieferte Esch in einem Spiegel-Interview im vergangenen Jahr, als er seine Sicht der Dinge darlegte. Mit Blick auf Madeleine Schickedanz sagte er: „Wir haben es hier nicht mit einem armen Mütterchen zu tun, das bei einem Haustürgeschäft über den Tisch gezogen wurde.“
Der jüngste öffentliche Auftritt von Madeleine Schickedanz liegt ebenfalls einige Monate zurück. In einer WDR-Dokumentation („Adel vernichtet“) äußerte sich die Quelle-Erbin auch dazu, wie Esch ihr Vertrauen gewann. Der Vermögensverwalter konnte schließlich auch damit werben, dass zahlreiche namhafte Unternehmer zu seinen Kunden zählten. Später, in den Wirren der Karstadt-Krise, habe sie sich von Esch unter Druck gesetzt gefühlt, erzählte Schickedanz. Sie schilderte, dass sie sich bittere Vorwürfe mache, den „falschen Leuten“ vertraut zu haben. Bei ihrem Auftritt wirkte Schickedanz geradezu zerbrechlich.
Auch Gregor Schöllgen, der Biograf von Quelle-Gründer Gustav Schickedanz, thematisiert die vielen Fehler in der Personalpolitik der Unternehmenserbin: „Dass sie mit einer nachgerade erstaunlichen Konsequenz auf die falschen Leute gesetzt und deren Irrfahrten nicht erkannt hat, bleibt ihre Verantwortung, zu der sie sich allerdings immer bekannt hat.“