Essen. . Nach Einschätzung des designierten Chefs der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, ist ein Ende der Krise in Europa noch nicht in Sicht. Bei einem Auftritt in Essen verglich Fitschen die Lage mit dem Jahr 2008. Auch ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Raum schloss er nicht aus.
Der designierte Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, hat ein dramatisches Bild von der Lage an den Finanzmärkten gezeichnet. Ein Ende der Krise sei noch nicht in Sicht, sagte Fitschen beim Neujahrsempfang der Deutschen Bank in Essen. „Wir werden noch ein paar Jahre in dieser Situation bleiben.“
Fitschen verglich die aktuelle Situation sogar mit den Turbulenzen nach der Krise der Investmentbank Lehman im Jahr 2008. Der Manager, der im Mai gemeinsam mit dem Investmentbanker Anshu Jain die Nachfolge von Josef Ackermann antreten soll, verwies darauf, dass die Banken so viel Geld wie noch nie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parkten – zuletzt rund 528 Milliarden Euro. „Unter uns nennen wir das Angst-Indikator“, sagte der designierte Vorstandschef. „Dieser Angst-Indikator ist heute höher als 2008.“ Fitschen fügte hinzu: „Irgendetwas stimmt nicht. Das Vertrauen ist verschwunden.“
Fitschen zeigte sich zudem irritiert darüber, dass Investoren bereit waren, für den Kauf deutscher Staatsanleihen draufzuzahlen. „Das ist die Furcht eines Investors, der nicht weiß, was er mit seinem Geld machen soll, weil er so verschreckt ist, dass er es dem Markt nicht mehr anvertraut“, so der Deutsche-Bank-Vorstand. „Das kann nicht normal sein.“
„Bevor das einsetzt, wird Griechenland vielleicht den Euro-Raum verlassen“
Insbesondere mit Blick auf die Lage in Griechenland zeigte sich Fitschen besorgt. Der Preis für den Schuldenabbau in Griechenland sei, dass die dortige Wirtschaft um sieben bis acht Prozent schrumpfe. „Das ist kein Zustand, den ein Land überleben kann. Wenn das so weitergeht, dann gibt es eine Katastrophe. Bevor das einsetzt, wird Griechenland vielleicht den Euro-Raum verlassen.“
Fitschen mahnte mit Nachdruck Reformen in Europa an und forderte entsprechende Signale beim nächsten EU-Gipfel im März. „Wir in Europa sind der kranke Mann der globalen Wirtschaft. Und diesen Zustand müssen wir schnell beenden“, sagte Fitschen. Zu viel Zeit sei schon verschwendet worden. „Die Uhr tickt, weil im Ausland das Vertrauen immer weiter gesunken ist.“ Dass Misstrauen wirke sich bereits auf den Märkten aus. „Die Investoren aus dem Ausland haben sich zurückgezogen.“ Dies bekomme auch die deutsche Wirtschaft unmittelbar zu spüren. Europa sei „noch nicht richtig gebaut“, kritisierte Fitschen und machte sich für eine „harmonisierte Fiskalpolitik“ stark.