Essen. . Der Bund könnte Staatshilfen von 27 Milliarden Euro jährlich einsparen, sagt Steuerzahlerbund-Präsident Karl Heinz Däke. Er fordert die Regierung endlich auf, konsequenter auf die Schuldenbremse zu treten.

Europas Krisenländer übernehmen das deutsche Modell der „Schuldenbremse“. Doch ist Deutschland eigentlich selbst in der Lage, die strengen Regeln einzuhalten? Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, glaubt: Nur bei striktestem Sparwillen.

Für den Bund wird es ab 2016 ernst mit der Umsetzung der Schuldenbremse, die Länder dürfen ab 2020 keine neuen Kredite mehr machen. Wie ist das zu schaffen?

Karl Heinz Däke: Der Staat wird nach der Steuerschätzung bis 2016 erheblich mehr Steuern einnehmen. Der Bund 41 Milliarden Euro, die Länder 43 Milliarden. Der Staat muss dieses Geld dazu nutzen, die Neuverschuldung abzubauen. Aber es dürfen auch die Ausgaben nicht weiter ansteigen.

Welche Ausgaben kritisieren Sie?

Däke: Schon die Verwaltungs- und die Personalkosten sind zu hoch. Es ist nicht erkennbar, dass der Bund die Zusage, 10 000 Stellen bis 2014 zu streichen, einhält. Im Gegenteil: Er ist dabei, sein Personal wieder aufzustocken. Außerdem hat er ohne Not die Halbierung des Weihnachtsgeldes für Beamte rückgängig gemacht. Das alleine kostet den Steuerzahler jährlich 500 Millionen Euro. Unterm Strich braucht die Bundesregierung 2012 11,3 Milliarden Euro für Verwaltungsausgaben - 1,2 Milliarden mehr als im Vorjahr. Das ist zuviel.

Keine neuen Schulden nötig

Sie bemängeln ja auch, dass Subventionen und Finanzhilfen an die Wirtschaft weiter steigen.

Däke: Ja. In ihren Meseberger Sparbeschlüssen hat die schwarz-gelbe Regierung zugesagt: „In dieser Legislaturperiode wird es weder neue Subventionen geben noch werden bestehende erhöht“. Von dieser Zusage ist jetzt nicht mehr die Rede. Dabei könnte der Bund im Bereich der Subventionen bis zu 27 Milliarden Euro jährlich einsparen, wenn er unseren Vorschlägen folgen würde. Das reicht, um keine neuen Schulden zu machen und alte zu tilgen.

Wo gibt es neue Subventionen?

Däke: Aus den Einnahmen der CO2-Zertifikate soll ein neuer Energie- und Klimafonds gespeist werden. Rund 780 Millionen Euro. 300 Millionen davon sollen der Spielwiese Elektromobilität zukommen. Es ist aber nicht Aufgabe der Steuerzahler, die Entwicklung neuer Fahrzeugantriebe zu bezahlen. Autokonzerne und Batterie-Unternehmen sind in diesem Markt bereits sehr aktiv. Darüber hinaus werden auch keine bestehenden Subventionen abgebaut.

Welche müssten abgebaut werden?

Däke: Das teure Elterngeld - 4,9 Milliarden Euro in diesem Jahr - erreicht sein Ziel nicht, höhere Geburtenzahlen zu bewirken. Eine Rückkehr zum Erziehungsgeld für tatsächlich bedürftige Familien nach dem Solidarprinzip ist notwendig. Nach wie vor fließen jährlich auch 1,4 Milliarden Euro in die Steinkohle. Es ist die absurdeste Finanzhilfe. Die Produktionskosten pro Tonne sind in Deutschland weit mehr als doppelt so hoch wie der Weltmarktpreis. Die schnelle Arbeitseinstellung ist dringend geboten. Ein letztes, kleineres Beispiel: Es ist überflüssig, dass der Staat mit 6,5 Millionen Euro die Entwicklung einer Internet-Suchmaschine namens „Theseus“ unterstützt.

Keine neuen Schulden in Mecklenburg-Vorpommern

Mindestens vier der 16 Bundesländer – Bremen, Saarland, Berlin und Schleswig-Holstein, aber auch Sachsen-Anhalt - sind finanziell nicht lebensfähig. Brauchen wir weniger Bundesländer?

Däke: Das ist eine alte Forderung. Aber hier muss die Bevölkerung zustimmen. Da habe ich Zweifel. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bremer zu einer Fusion mit Niedersachsen Ja sagen. Sie sind auf ihre Freiheit stolz.

Können die Bundesländer die Vereinbarungen zur Schuldenbremse einhalten?

Däke: Schauen Sie sich ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern an. Dort kommt man schon jetzt ohne neue Schulden aus. Genau so wie Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg auf einem guten Weg sind. Ganz anders übrigens ist das in Nordrhein-Westfalen: In Düsseldorf werden auf alte Schulden noch neue draufgepackt. Unverantwortlich. Hier ist eine Umkehr nötig. Ich weiß nicht, wie das Land sonst den Schuldenstopp schaffen will.

Deutschland hat mehr als zwei Billionen Euro Staatsschulden. Wir reden derzeit über ein Ende der Neuverschuldung. Kann es irgendwann auch eine Tilgung der Kredite geben?

Däke: Tilgung ist ein Thema – schon, weil die Haushalte durch die Zinsen stark belastet sind. Aber das kostet Zeit. Es gibt leider keinen anderen Weg, als zunächst die Neuverschuldung zu stoppen, Überschüsse zu erwirtschaften und die dann zur Tilgung einzusetzen.

Ist Europa auf dem richtigen Weg, die Überschuldung in einigen Euro-Ländern einzudämmen?

Däke: Ich hoffe es. Aber das Haftungsrisiko, das auf Deutschland zukommt, ist schon hoch. Denken Sie alleine an Italien: das Land muss 46 Milliarden Euro einsparen. Jährlich. Eine unglaubliche Herausforderung.