Berlin. . Zum Jahresbeginn rüttelt der Chef der Wirtschaftsweisen an liebgewonnenen Steuervergünstigungen der Deutschen. Wolfgang Franz fordert unter anderem die Abschaffung der Pendlerpauschale. Die beschlossene Abmilderung der kalten Progression müsse gegenfinanziert werden.

Der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Wolfgang Franz, fordert von der Bundesregierung den „Abbau nicht gerechtfertigter Steuervergünstigungen“. Franz sagte der Nachrichtenagentur dapd, die beschlossene Abmilderung der sogenannten Kalten Progression müsse „nachhaltig gegenfinanziert werden“. Denkbar sei zum Beispiel die Streichung der Pendlerpauschale.

Auch auf die Steuerfreiheit von Lohnzuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit könne verzichtet werden. Der Chef der „Wirtschaftsweisen“ und Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim fügte hinzu: „Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent sollte ebenfalls auf den Prüfstand gestellt werden.“

„Staatsausgaben immer wieder überprüfen“

Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, sieht ebenfalls „Konsolidierungsbedarf“. Er mahnte in einem dapd-Interview: „Um im Fall konjunktureller Rückschläge finanziellen Handlungsspielraum zu haben, aber auch im Hinblick auf die ab 2016 geltende Schuldenbremse sollten in wirtschaftlich günstigeren Zeiten eher Überschüsse erzielt werden.“

Straubhaar fügte hinzu, die Staatsausgaben sollten immer wieder auf ihre Notwendigkeit überprüft werden. Dies gelte insbesondere für die Subventionen. Der HWWI-Direktor forderte: „Die geplante Steuersenkung zum Abbau der Kalten Progression sollte durch Ausgabenkürzungen gegenfinanziert werden.“

RWI-Präsident mahnt dauerhaften Defizit-Abbau an

Auch der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, Christoph M. Schmidt, riet zur Kürzung von Subventionen. Die Bundesregierung komme zwar bei der Rückführung des Defizits gut voran. Ein großer Teil davon sei aber eher der guten Konjunktur zu verdanken. Dies führe jedoch „bekanntlich nicht zu einem dauerhaften Abbau des strukturellen Defizits“.

Der „Wirtschaftsweise“ kritisierte zudem, in der Steuerpolitik der Bundesregierung sei „vieles nicht über Ankündigungen im Koalitionsvertrag hinausgekommen - weder gab es Reformen bei der Gewerbesteuer, noch wurden Vereinfachungen bei der Mehrwertsteuer konkretisiert“. (dapd)