Hamburg. Der Unternehmerpionier Werner Otto ist im Alter von 102 Jahren gestorben. Er gründete den Otto-Versand Hamburg, das größte Versandhaus der Welt. Von Beginn an setzte er mehr auf Qualität als auf niedrige Preise und befreite sein Geschäft vom Geruch des Kleine-Leute-Handels. Die Karriere der Unternehmerlegende begann allerdings mit einer Pleite.
Er wollte Schriftsteller werden, später auch Schuhfabrikant. Doch dann legte er den Grundstein für das größte Versandhandelshaus der Welt. Werner Otto gilt als einer der letzten großen Wirtschaftspioniere der Nachkriegszeit. Wie nun bekannt wurde, ist er am Mittwoch vor Weihnachten im Kreise seiner Familie gestorben. Werner Otto wurde 102 Jahre alt.
Die Karriere der Unternehmerlegende begann mit einer Pleite. 1945 gründete Otto in Hamburg eine kleine Schuhfabrik, die gab aber schon wenige Jahre später auf. Die Konkurrenz war zu stark.
Als er jung war, träumte Otto noch von einer Karriere als Schriftsteller. Auch daraus wurde nichts. Als das Geschäft seines Vaters in Konkurs ging, musste Werner Otto vorzeitig das Gymnasium verlassen, als er 17 Jahre alt war. Er absolvierte eine Kaufmannslehre und arbeitete in einem Zigarrenladen in Berlin.
Das Startkapital betrug 6000 Mark
Vielleicht ist Werner Otto auch deshalb so erfolgreich geworden, weil er früh erfahren hat, dass Niederlagen zum Leben gehören. „Natürlich darf man auch mal hinfallen im Leben, aber niemals liegen bleiben“, hat er einmal gesagt.
Otto jedenfalls ließ sich nicht entmutigen. Im August 1949, vier Tage nach seinem 40. Geburtstag, meldete er bei der Hamburger Wirtschaftsbehörde unter der Bezeichnung „Versandhandel“ sein neues Gewerbe an. Das Startkapital betrug 6000 Mark. Der erste Katalog wurde per Hand geklebt, hatte nur 14 Seiten und eine Auflage von 300 Stück. Gemäß dem Motto „Vertrauen gegen Vertrauen“ führte Otto als Erster in der Branche den Kauf gegen Rechnung ein.
Von Beginn an setzte er mehr auf Qualität als auf niedrige Preise und befreite sein Geschäft vom Geruch des Kleine-Leute-Handels. Schon sechs Jahre nach der Firmengründung erschien der Otto-Katalog in einer Auflage von 1500 Stück. Ein 17-Stunden-Arbeitstag sollte für Werner Otto zu dieser Zeit die Regel sein. „Das Glück kann einem zwar die Hand reichen, aber für den Erfolg muss man selber sorgen“, sagte er.
Einstieg ins Geschäft mit Einkaufszentren
In den 50er- und 60er-Jahren erlebte Otto einen rasanten Aufstieg. 1966 gab der Firmengründer die Unternehmensleitung ab, blieb aber bis 1981 Aufsichtsratschef. Nachdem sich Otto aus dem Tagesgeschäft des Versandhandels zurückgezogen hatte, fing er noch einmal von vorne an. Er stieg in das Geschäft mit Einkaufszentren ein und gründete die Firma ECE.
„Panta rhei, alles fließt“ – einen Ausspruch, der dem Philosophen Heraklit zugeschrieben wird, gibt Otto als Lebensmotto an. „Wer statisch denkt und aus Angst vor Fehlern keinen Schritt nach vorn wagt, sollte kein Unternehmer werden“, sagte er.
Die Sehnsucht nach Unabhängigkeit prägte Ottos Leben. In den Jahren der Nazi-Herrschaft verbrachte er eine Zeit in Haft im Gefängnis Plötzensee, weil er Anti-Hitler-Plakate über die deutsch-tschechische Grenze geschmuggelt hatte. Im Zweiten Weltkrieg wurde Otto schwer verwundet. Nur wenige Jahre später begann der Aufstieg zum Versandhandelskönig.
Mit seiner dritten Ehefrau Maren war Otto fast 50 Jahre verheiratet und hatte mit ihr zwei seiner fünf Kinder: Katharina und Alexander. Aus früheren Ehen stammen Ingvild, Frank und Michael. In den letzten Jahren lebte Werner Otto zurückgezogen mit seiner Frau Maren in Berlin.