An Rhein und Ruhr. . Kommunale Wohnungsunternehmen der Region werfen privaten Immobilienriesen mangelnde Investitionsbereitschaft vor.

Die Verkaufswelle von Beständen mit mehreren hunderttausend Wohnungen an private Investoren in den vergangenen Jahren bleibt nicht ohne Folgen: Fehlende Investitionsbereitschaft privater Immobilienriesen sorgt nach Ansicht kommunaler Wohnungsunternehmen der Region für wachsende Probleme in den betroffenen Quartieren. „Es wird nicht mehr ausreichend investiert, um den Bestandsverzehr aufzuhalten“, kritisiert Dirk Miklikowski, Vorstandsmitglied des Bündnisses kommunaler Unternehmen „WIR - Wohnen im Revier“, im NRZ-Gespräch. Die Entwicklung sei „bedenklich“, sagt Miklikowski, der auch Vorstand der Essener Wohnungsgesellschaft Allbau AG ist. „Das strahlt in unsere Lagen aus.“

WIR steht für rund 80 000 Wohnungen zwischen Duisburg im Westen und Dortmund im Osten. In einigen Wohnvierteln werde es immer schwieriger, Stabilität zu sichern, klagt Miklikowski. „Wir können es nicht retten, wenn andere nicht mitmachen.“ Früher habe es eine gemeinsame Verantwortung in der Wohnungswirtschaft gegeben. „Heute stehen wir sehr häufig allein auf weiter Flur.“

Die WIR-Unternehmen würden jedes Jahr 25 Euro und mehr pro Quadratmeter in die Instandhaltung und die Modernisierung des Wohnungsbestands investieren, so der Allbau-Chef. „Bei den Unternehmen mit Kapitalinvestoren als Eigentümer liegen die Investitionsquoten deutlich darunter und erreichen oftmals nicht einmal 10 Euro pro Quadratmeter.“

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WIR sieht seine Ziele in einer nachhaltigen, quartiersorientierten Entwicklung des Wohnungsbestandes und betont die städtebauliche, soziale und ökologische Verantwortung. In diesen Punkten unterscheide man sich von „einigen Akteuren am Markt, die in den letzten Jahren mit ausschließlich kurzfristig orientierten Geschäftsmodellen über große Bestandskäufe als neue Anbieter in unseren regionalen Wohnungsmarkt eingestiegen sind“.

Finanzinvestoren hatten an diesen Markt Miklikowskis Einschätzung nach aber falsche Erwartungen gestellt: In der Region gebe es kein großes Potenzial für den Verkauf von Wohnungen an die Mieter, auch ließen sich die Mieten nicht exorbitant steigern. Zudem habe die Finanzkrise den neuen Eignern den mittelfristigen Ausstieg etwa über den Weg an die Börse versperrt.

Es gebe bei den kommunalen Firmen schon die Bereitschaft, von Privaten zum Verkauf gestellte Wohnungspakete, die in der Nachbarschaft eigener Bestände liegen, zu übernehmen, so Miklikowski. Doch seien die Erwartungen an die Verkaufserlöse oft zu hoch. „Und wir wollen auch nicht die Exit-Strategie für private Gesellschaften sein.“

Qualitätsoffensive gefordert

Er fordert nun: „Wir brauchen eine Qualitätsoffensive, im Bestand und insbesondere im Bereich Neubau.“ Nur bei einer Akzeptanz der Lagen seien die Menschen bereit, lange in ihren Quartieren wohnen zu bleiben, sagt Miklikowski.

Ein Sprecher des bundesweit größten Wohnungsunternehmens Deutsche Annington (190 000 Wohnungen) betont hingegen, man stehe zu seiner sozialen Verantwortung. Annington steigert seine Investitionen in Modernisierung und Instandhaltung nach eigenen Angaben 2011 gegenüber dem Vorjahr um elf Prozent. Die Investitionen entsprächen 16 Euro pro Quadratmeter. „Mit unseren Modernisierungen steigern wir nicht nur den Wert unserer Wohnungen, sondern leisten auch einen Beitrag zur Verbesserung des Stadtbildes“, hatte Unternehmenschefs Wijnand Donkers unlängst betont.

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Bei Annington stehen bis zum Jahr 2013 Kredite in Höhe von 4,7 Milliarden Euro zur Refinanzierung an. Die Gespräche dazu seien auf gutem Weg, so der Sprecher.

Die börsennotierte Gagfah (155 000 Wohnungen) hatte zuletzt angekündigt, in diesem Jahr auch die Dividende für das dritte Quartal zu streichen, „um mehr finanzielle Flexibilität zu haben und die Ziele für Investitionen in den Bestand und für die Finanzierung zu unterstützen“. Auch bei der Gagfah steht die milliardenschwere Refinanzierung von Verbindlichkeiten an. Das werde auch in den nächsten Monaten noch im Mittelpunkt stehen, hatte die Firma eingeräumt. Anfang 2011 war die Gagfah mit sechs Milliarden Euro verschuldet.

Die ehemals landeseigene LEG (90 000 Wohnungen) hat ihre Investitionen in Modernisierung und Instandhaltung nach eigenen Angaben 2010 erhöht: Im Durchschnitt seien 13,87 Euro pro Quadratmeter aufgewendet worden.

Mit dem Zusammenschluss der Wohnungsgesellschaften THS und Evonik Immobilien entsteht nun ein weiterer Riese mit 130 000 Wohnungen. Diese Ehe bereitet Miklikowski allerdings kein Kopfzerbrechen: „Das wird auf Jahre ein verlässlicher Partner in der Region bleiben.“