Athen. . Der Ansturm auf die Banken hat begonnen: Die Griechen plündern ihre Konten. Den Kreditinstituten droht nun das Geld auszugehen.

„Guten Tag, ich hätte gern mein Geld.“ – Immer häufiger hören die Kundenberater der griechischen Banken jetzt solche Sätze. Viele Griechen plündern ihre Konten – manche aus Angst, andere aus Not. Die Einlagen der Geschäftsbanken schmelzen von Monat zu Monat weiter zusammen. Der Schwund der Kundengelder verschärft die Probleme einer Branche, die wegen der staatlichen Schuldenkrise ohnehin mit massiven Liquiditätsproblemen kämpft und wegen der hohen Bestände an griechischen Staatsanleihen vor zweistelligen Milliardenverlusten steht.

Was noch vor wenigen Monaten als Tabu galt, wird inzwischen offen diskutiert: Griechenlands Ausscheiden aus der Eurozone und die Rückkehr zur Drachme. Da müssten die Griechen doch eigentlich Schlange stehen vor den Bankschaltern, um ihre Euro-Ersparnisse in Sicherheit zu bringen, bevor sie eines Morgens aufwachen und nur noch schwindsüchtige Drachmen auf dem Konto haben. Der große Ansturm auf die Geldinstitute ist bisher ausgeblieben – scheinbar. Denn im Zeitalter des E-Banking via Internet braucht man nicht mehr vor den Schaltern anzustehen.

Unsichtbarer Banken-Run

Tatsächlich ist der Banken-Run längst im Gange – unsichtbar, aber abzulesen in den Statistiken der griechischen Zentralbank. Danach sind die Einlagen der Geschäftsbanken seit Ende 2009 von 237,5 Milliarden Euro auf 183,2 Milliarden Euro Ende September zusammengeschmolzen. Allein im September flossen 5,46 Milliarden ab – der größte Rückgang innerhalb eines Monats seit Beginn der Krise.

In Bankenkreisen heißt es, der Aderlass habe sich im Oktober und November noch beschleunigt, nachdem der inzwischen zurückgetretene Premier Giorgos Papandreou mit seiner Volksabstimmung s-Idee die Angst vor einer Rückkehr zur Drachme geschürt hatte. Aktuell dürften die Einlagen deutlich unter 180 Milliarden Euro liegen. Dem stehen ausgereichte Kredite von 253 Milliarden gegenüber – ein gewaltiges Missverhältnis.

Der Einlagenschwund ist für die Institute deshalb besonders bedrohlich, weil sie wegen ihres miserablen Kredit-Ratings praktisch vom Interbankenmarkt, wo sich Banken gegenseitig Geld leihen, ausgeschlossen sind. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) rückt nur noch zögernd Geld heraus. Als letzte Quelle bleibt Griechenlands Zentralbank, bei der sich die Geschäftsbanken allein im September 20 Milliarden Euro liehen.

Einschränkungen des Kapitalverkehrs

In Athen wird sogar über die Einschränkungen des freien Kapitalverkehrs nachgedacht, um die Geldflucht ins Ausland zu bremsen. Wie viel von den abgezogenen Einlagen ins Ausland fließt, ist unklar. Vermutlich weniger als die Hälfte, sagen Branchenkenner. Denn wegen der Rezession müssen jetzt viele Unternehmen Rücklagen auflösen. Zahlreiche Familien, die mit sinkenden Einkommen und Arbeitslosigkeit kämpfen, leben von ihren Ersparnissen. Hinzu kommt, dass immer mehr Firmen und private Haushalte ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Das betrifft bereits rund zwölf Prozent der Kredite und entspricht einem Kreditvolumen von 30 Milliarden Euro, das die Banken wohl zum größten Teil abschreiben müssen.

Jetzt hoffen die griechischen Banker, dass die neue Regierung von Lucas Papademos möglichst schnell die EU-Gipfelbeschlüsse ratifiziert, damit die nächsten acht Milliarden Euro aus dem ersten Rettungspaket fließen können. Das neue Hilfsprogramm sieht zudem Kapitalspritzen von 30 Milliarden Euro für die Athener Banken vor. Damit sollen die Folgen des 50-prozentigen Schuldenschnitts abgefedert werden. Durch ihn würden allein die griechischen Banken 25 bis 30 Milliarden Euro verlieren. Aus eigener Kraft können sie diese Summen nicht aufbringen.