Essen/Kamp-Lintfort. . Hückeswagen hat als eine der ersten Städte in Nordrhein-Westfalen eine Schadenersatzklage gegen die Landesbank WestLB eingereicht. Ein Dutzend weiterer Städte und Gemeinden hält sich diese Möglichkeit offen. Hintergrund sind drohende Millionen-Verluste nach Währungswetten. Die WestLB soll über die Risiken nicht richtig informiert haben. Die Bank wies die Kritik zurück.

Der WestLB droht eine Klagewelle. Mehrere Dutzend Kommunen aus NRW, bestätigte der Städte- und Gemeindebund der WAZ Mediengruppe, hätten bei Zinswetten auf den Schweizer Franken zig Millionen Euro verloren. Das Unheil habe begonnen, als der Kurs des Franken in der Euro-Krise stark angestiegen war.

Als eine der ersten Kommunen hat Hückeswagen – eine Stadt im Oberbergischen – Klage beim Landgericht in Köln eingereicht. Ihr drohen Verluste von 20 Millionen Euro. Hückeswagen kämpft um Schadenersatz und eine Rückabwicklung des Geschäfts. Bürgermeister Uwe Ufer sagte Medienberichten zufolge, er habe sich von der WestLB bei dem 2005 abgeschlossenen Geschäft schlecht beraten und getäuscht gefühlt. Kritik übte er auch an der Sparkasse. Die hätte die Währungswette mit eingefädelt.

Auch die Städte Kamp-Lintfort und Mülheim hatten sich auf WestLB-Angebote eingelassen und auf den Wechselkurs des Franken spekuliert. Kamp-Lintfort droht im schlimmsten Fall ein Schaden von vier Millionen Euro, Mülheim meldete gestern ein Minus von aktuell 1,4 Millionen.

Mülheim prüft eine Klage

Während Mülheim eine Klage prüft, ist Kamp-Lintfort seit August die fällige Zahlung an die Landesbank in Höhe von 180 000 Euro schuldig geblieben. Und auch das Geld für dieses Quartal wird nicht nach Düsseldorf überwiesen: „Wir werden natürlich nicht zahlen!“, stellte Bürgermeister Christoph Landscheidt klar. „Sonst bräuchten wir diesen Aufstand doch gar nicht!“

Anders als Hückeswagen will Kamp-Lintfort zunächst abwarten. „Zusammen mit mehreren Kommunen und unterstützt vom Städte- und Gemeindebund wollen wir ein Gespräch mit der WestLB führen. Ziel ist ein Vergleich und ein Verzicht auf die Verjährungsfrist bei einer möglichen Klage“, sagte Landscheidt der WAZ Mediengruppe. Der Druck auf die WestLB werde immer größer, eine Klage sei das letzte Mittel. Der Städte- und Gemeindebund NRW erklärte gestern, „dass mehrere Dutzend Städte über eine Klage gegen die WestLB nachdenken“. Wer genau in welchem Umfang betroffen ist, sei noch unklar.

40 Städte in NRW haben 2008 Währungswetten abgeschlossen

Laut einer Umfrage des Steuerzahlerbundes hatten im Jahr 2008 etwa 40 Städte in NRW Währungswetten abgeschlossen. „Aktuellere Zahlen gibt es nicht“, sagte Vorstand Eberhard Kanski. Kanski nennt die sogenannten Swaps, mit denen die Kommunen Geld sparen wollten, hochriskant. Bereits 2008 hatte er eindringlich vor Zins- und Währungswetten gewarnt.

An Währung gekoppelt

Swap-Geschäfte bedeuten: Variable Zinsen werden gegen feste getauscht oder umgekehrt. Der Zinssatz, den die Städte zahlen, ist bei Währungswetten an die Stabilität gekoppelt, etwa an die des Schweizer Franken. Steigt dessen Wert, erhöhen sich die Zinsen.

Mit Blick auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus März dieses Jahres sowie einen vor Tagen geschlossenen Vergleich sieht der Steuerzahlerbund durchaus Chancen, einen Rechtsstreit gegen die WestLB zu gewinnen. Die Deutsche Bank war im März dazu verurteilt worden, wegen schlechter Beratung bei einem Zinsgeschäft Schadenersatz an einen Papierfabrikanten zu zahlen. Vor Tagen verglich sie sich mit dem kommunalen Abwasser-Zweckverband „Mariatal“ aus Baden-Württemberg. Sie zahlte fast eine Million Euro Schadenersatz für eine verlorene Zinswette.

Die WestLB wies die in den Städten formulierten Vorwürfe gestern zurück: „Wir sind davon überzeugt, die Kunden umfassend und ausführlich über die Chancen und Risiken unserer Produkte aufgeklärt zu haben“, sagte ein Sprecher dieser Zeitung. Die WestLB habe sich stets an die Vorgaben der kommunalen Aufsichtsbehörden gehalten.

Auch die Sparkassen-Verbände Rheinland und Westfalen-Lippe wiesen Vorwürfe auch des Steuerzahlerbundes zurück, die Währungswetten mit eingefädelt zu haben. „Das waren reine Geschäfte zwischen WestLB und Städten“, sagte ein Sprecher. Aus Kreisen der kommunalen Geldhäuser hieß es zudem, es gebe keine Erkenntnisse über mögliche Zahlungen von Provisionen an die Sparkassen.