Berlin. Nun schlägt der Konjunktureinbruch auf den Ausbildungsmarkt durch. Laut einer Umfrage des DIHK will jedes dritte Unternehmen in Deutschland weniger Azubi-Veträge abschließen als im Vorjahr. Damit könnte das Angebot um fünf bis zehn Prozent schrumpfen.
Die Wirtschaftskrise schlägt auch auf den Ausbildungsmarkt durch. Dieses Jahr dürfte das Angebot an Lehrstellen um fünf bis zehn Prozent schrumpfen, wie eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelkammertages (DIHK) zeigt. Jedes dritte Unternehmen kündigte an, im laufenden Jahr weniger Azubi-Verträge abschließen zu wollen als im Vorjahr.
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte in Berlin, die Zahl der Bewerber werde gleichzeitig um fünf Prozent sinken, das seien gut 30.000. Grund dafür sei der Geburtenrückgang. «Der demografische Wandel ist da und wird konkret», meinte Wansleben. Der Lehrstellenmangel in der Krise werde durch die schrumpfende Zahl der Bewerber gelindert.
Chancen gibt es vor allem im Osten
Mehr Bewerber würden dringend in den neuen Bundesländern gebraucht, «denn die haben ausgedünnte Jahrgänge», meinte Wansleben. DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun hofft deshalb, dass Jugendliche aus Westdeutschland auch Ausbildungsplätze im Osten annehmen. Denn Plätze in Westdeutschland seien noch knapper, sagte Braun im rbb-Inforadio.
Staatliche Hilfen für den Ausbildungsmarkt lehnte Braun ab. Die Wirtschaft könne und müsse die Lage selbst meistern. Wansleben unterstrich jedoch, dass Themen wie Bildung und bessere Kinderbetreuung ganz oben auf die Agenda gehörten.
Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Priska Hinz, sagte, die Bundesregierung habe ein zentrales Reformvorhaben verschlafen: Es müsse ein Ausbildungssystem geschaffen werden, das das Platzangebot von der konjunkturellen Lage entkoppele. «Anstatt das Ausbildungssystem zu reformieren, hat sie sich auf den guten konjunkturellen Bedingungen der letzten Jahre ausgeruht», kritisierte Hinz.
Unternehmen brauchen mehr Fachkräfte
Wansleben äußerte auch seine Besorgnis über den Mangel an Fachkräften. «Je weniger wir werden, desto besser müssen wir sein», meinte Wansleben. Denn wenn der Aufschwung wieder komme, werde der Mangel an Fachkräften zu einem Problem. Wansleben warb darum auch für eine «neue Einwanderungspolitik», um den Bedarf an hoch qualifizierten Kräften zu sichern.
Viele der 13.800 befragten Unternehmen gaben an, die langfristige Sicherung des Fachkräfte-Nachwuchses sei wichtiger als die kurzfristigen Geschäftsaussichten. Für 71 Prozent war die Sicherung des Bedarfs maßgeblich für ihr Platzangebot. Der DIHK beobachtet auch, dass immer mehr Auszubildende übernommen werden. Dies spreche ebenfalls für einen Fachkräftebedarf. Mehr als die Hälfte der befragten Betriebe gaben an, ihr Ausbildungsengagement konstant zu halten. Jeder siebte Betrieb will es ausbauen.
Viele Schulabgänger sind schlecht gebildet
Ein Problem, das im letzten Jahr im Vordergrund stand, verfestigt sich weiter: 21 Prozent der Betriebe konnten im Vorjahr nicht alle Ausbildungsplätze besetzen, 2006 waren es nur zwölf Prozent. In Ostdeutschland fand jedes dritte Unternehmen keine geeigneten Bewerber für einen ihrer Ausbildungsplätze.
Grund dafür sei immer noch die mangelnde Qualifizierung der Bewerber: «Nur acht Prozent der Unternehmen meldeten uns keine Mängel bei den Schulabgängern», sagte Wansleben. Die Defizite würden aber nach dem «PISA-Schock» langsam abnehmen.
Kontinuierlich zurück geht der DIHK-Statistik zufolge die Zahl der Altbewerber. Im Jahr 2008 konnte die Zahl um 65.000 verringert werden. Rund 320.000 seien noch im Topf gewesen. Der Trend gehe zu einer weiteren Verringerung von rund 50.000 Altbewerbern. (ap)