Essen. . Die Grünen wollen den Verbrauch von Plastiktüten mit einer „Umweltabgabe“ eindämmen. Diese soll nach dem Willen der Bundestagsfraktion mindestens 22 Cent pro Tüte betragen. Bei Umweltschützern findet der Vorstoß Beifall, die Industrie lehnt ihn strikt ab.
Pro Jahr werden für den deutschen Markt nach Schätzung des Umweltbundesamtes fünf Millionen Plastiktüten für den deutschen Markt hergestellt. Das sind im Schnitt 65 Tüten pro Person. Im europäischen Vergleich ist das relativ wenig; der durchschnittliche EU-Bürger verbraucht 500 Tüten im Jahr. Weltweit werden jährlich über 500 Milliarden Plastiktüten produziert, schätzt der wissenschaftliche Dienst des Bundestages.
Das hat fatale Folgen für die Umwelt: Die Tüten aus Polyethylen sind biologisch nicht abbaubar. Der Plastikmüll gefährdet Tiere an Land und im Wasser. Allein im Mittelmeer sollen 250 Milliarden Kunststoffteilchen mit einem Gesamtgewicht von 500 Tonnen treiben; Tiere, die das Plastik schlucken, können ersticken, Kleinstteilchen können zurück in die Nahrungskette geraten.
Vorbild Irland
Verschiedene Länder haben den Ge- und Verbrauch von Plastiktüten bereits stark eingeschränkt oder verboten: In Italien und Indien herrscht ein Komplettverbot, in Australien wird ein solches erwogen, wie übrigens auch von der EU-Kommission.
Die Grünen orientieren sich bei ihrer Forderung nach einer Zwangsabgabe auf die Erfahrungen in Irland. Dort wurde 2002 eine Abgabe von 15 Cent eingeführt, die 2007 auf 22 Cent erhöht wurde. Seitdem ist die Verwendung von Plastiktüten auf der grünen Insel um neunzig Prozent zurückgegangen. Ähnliches will die Ökopartei auch für Deutschland erreichen: „Es stehen umweltverträgliche Alternativen wie Stoffbeutel und Einkaufskörbe zur Verfügung, deren Verwendung wir fördern wollen“, sagte Dorothea Steiner, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, der Saarbrücker Zeitung.
„Verbraucher wird geschröpft“
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begrüßt den Vorstoß: „Wir sind dafür, dass der Verbrauch von Plastiktüten deutlich reduziert wird“, so BUND-Sprecher Rüdiger Rosenthal, „schließlich wächst der Plastikberg immer weiter – und damit nehmen auch die Kollateralschäden zu.“ Ganz anders sieht es der Industrieverband Papier- und Folienverpackung (IPV). Der Verbrauch in Deutschland sei bereits drastisch zurückgegangen, seit die Verbraucher in Supermärkten Geld für Tüten zahlen müssten, argumentiert Geschäftsführer Bernhard Sprockamp. Plastiktüten seien in Deutschland schon lange kein Wegwerfprodukt mehr, sondern würden im Schnitt fünfmal benutzt. „Mit einer Umweltabgabe wird nur der Verbraucher geschröpft“, so Sprockamp.
Über den Grünen-Antrag berät der Bundestag am Freitag, wenn die Reform des Kreislauf- und Abfallwirtschaftsgesetz auf der Tagesordnung steht.