Schon Monate, bevor sich die Wirtschaftslage dreht, schlagen die wichtigsten Indizes in Deutschland Alarm
Essen. Wenn sich Wirtschaftsinstitute zur konjunkturellen Lage in Deutschland äußern, dann klingt der Inhalt oftmals nach ökonomischem Fachchinesisch. Etwa so: Der ZEW-Konjunkturerwartungs-Index ist im Juli von -52,4 auf -63,9 Punkte gesunken, der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts von 101,2 auf 97,5 Punkte, und der Gfk-Konsumklimaindex liegt bei 3,6 Punkten. Was kryptisch klingt, ist meist ein klarer Wegweiser dafür, ob es mit der Wirtschaft bergauf oder bergab geht. Darauf wiederum stützen sich zahlreiche Wirtschaftsinstitute, die derzeit fast im Wochentakt Prognosen abgeben.
Der in Deutschland wohl bekannteste Index stammt vom Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) in München. Seit 1972 gilt er als wichtiger Frühindikator für Deutschlands weiteren ökonomischen Werdegang. Das Ifo-Institut klopft monatlich bei rund 7000 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und des Groß- und Einzelhandels die Stimmung ab: Wie läuft das Geschäft, wie wird es in den kommenden Monaten sein?
"Der Ifo-Index ist ein recht zuverlässiger Indikator", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank. Wenn die Unternehmen pessimistisch in die Zukunft blickten, gingen ein bis zwei Monate darauf die Auftragseingänge zurück, was weitere ein bis zwei Monate die Produktion verringere, beschreibt Krämer die Abwärtsspirale.
In Zahlen: Nach einer Commerzbankstudie von 2006 gab es seit Anfang der 60er Jahre in Deutschland 15 Konjunkturabschwünge. Bis auf eine Ausnahme im Jahr 1984 haben die Frühindikatoren des Ifo-Indexes im Schnitt fünfeinhalb Monate den Beginn der Abschwünge vorher aufgezeigt. Diese wurden später von harten Daten untermauert: der Industrieproduktion und dem Bruttoinlandsprodukt.
Das zweite Schwergewicht unter den Indizes ist der ähnlich treffsichere Index des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Seit 1992 befragt das ZEW 400 Analysten und institutionelle Anleger. Diese sollen die wirtschaftliche Lage der kommenden sechs Monate abschätzen. Ein Beispiel: Sagen 20 Prozent der Befragten, es wird besser und 40 Prozent das Gegenteil (der Rest sagt: weder, noch), dann sinkt der Index um 20 Punkte. Derzeit liegt er bei -63,9 Punkten. "Auch der ZEW-Index ist ein wichtiges Hilfsmittel für weiterführende Konjunkturprognosen", sagt Krämer.
Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) fühlt Otto-Normal-Verbraucher auf den Puls. Seit 1980 erhebt sie monatlich den GfK-Konsumklimaindex. 2000 Personen geben Auskunft, wie sich die Konjunktur und ihre eigene finanzielle Lage in den nächsten zwölf Monaten entwickeln könnte. Krämer hält den GfK-Index für den ungenauesten der drei Indizes. "Der Einzelhandel weiß offenbar besser, was der Verbraucher ausgeben wird, als er selbst", spielt der Chefvolkswirt auf die Genauigkeit des Ifo-Indexes an.
"Die Verbraucher sind nicht vor Fehldiagnosen gefeit", sagt Marktforscher Rolf Bürkl, der die GfK-Studie betreut. Bei deren Einschätzung spielten die Angst vor der Zukunft und externe Informationen eine Rolle. "Womöglich hängt es auch vom Bildungsgrad der Befragten ab", sagt Bürkl.
Für August steht der Index bei 2,1 Punkten. Was bedeutet das? Wer den Wert durch zehn teilt, erfährt, wie sich der private Konsum im Vergleich zum Vorjahresmonat entwickelt hat. Demnach ist dieser um 0,21 Prozent gestiegen. Keine gute Prognose. . .