Essen/Bochum. . Aktien sind in Verruf geraten, Gold unterliegt Schwankungen, das Sparbuch wirft kaum Zinsen ab. Wer sein Geld in Whisky anlegt, liegt im Trend. Mal ganz abgesehen vom Genussfaktor.

An diesem Wochenende pilgern die Jünger des hochprozentigen Torf-Getränks wieder auf die Zeche Zollverein, um bei der Aquavitae zu probieren und zu investieren. „Wer zur Messe kommt, kauft keine Flasche unter 40 Euro“, sagt Thilo Marquaß. Der Geschäftsführer des alteingesessenen Essener Spirituosenhandels „Rolf Kaspar“ organisiert maßgeblich den Whisky-Event, der im vergangenen Jahr rund 2000 Besucher anzog. Ganz ohne Marketing. Die Veranstaltung spricht sich in sozialen Netzwerken wie Xing und Facebook herum.

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Exklusivste Flaschen, die bei Auktionen auch schon mal für über 100 000 Euro den Besitzer wechseln, sind auf Zollverein zwar nicht zu finden. Die teuerste Rarität kostete 2010 aber immerhin 950 Euro – und fand einen begeisterten Abnehmer. Auch die Rolf Kaspar GmbH wartet am Wochenende mit einer Rarität auf. Sie sicherte sich 40 von 499 Flaschen aus sechs Fässern des 65-er Lochside. Sie stammen aus einer schottischen Brennerei, die längst geschlossen ist.

Marquaß verkauft die Flasche für 310 Euro. „Ich garantiere, dass man bei einer Auktion oder bei Ebay deutlich mehr daraus machen kann“, sagt der Kenner. Und so haben Fans schon Wochen vorher mehr als die Hälfte des Deputats vorbestellt. Der Whisky wird dann zur Rarität, wenn er aktiv im Handel oder bei der Brennerei nicht mehr zu kaufen ist. Das verknappte Angebot treibt die Preise. Und damit das Geschäft in Bewegung bleibt, werfen Hersteller oder Broker in regelmäßigen Abständen von einigen Monaten Fässer mit seltenem und vor allem zwölf Jahre und länger gereiftem Inhalt auf den Markt. Bei rund 100 Brennereien in Schottland bietet sich für Investoren also häufiger die Gelegenheit zuzuschlagen.

Größter Whisky-Markt in Indien

Als größter Whisky-Markt gilt inzwischen Indien. Auch die Chinesen gieren nach Single Malt aus Schottland, der rein und nicht verschnitten ist. Wer Whisky sammeln und mit der Wertsteigerung Geld verdienen will, sollte einige Regeln beachten, die Spirituosenhändler Marquaß nennt: „Man sollte Originalabfüllungen kaufen.“ Und: Auf dem Etikett müsse vermerkt sein, aus welchem Fass die nummerierte Flasche stammt.

Whisky ist aber nicht nur eine vermeintlich sichere Anlagestrategie, sondern auch Genuss. „Die Liebhaber sind positiv irrational“, meint Marquaß. Auf der Messe oder in den vielen Whisky-Clubs, die zu regelmäßigen Verkostungen einladen, komme es selten zu Alkoholmissbrauch.

Auch in der Küche spielt Scotch eine wachsende Rolle. Köche probieren einen edlen Tropfen und kreieren ein Menu nach den geschmacklichen Eindrücken von schokoladig bis rauchig. „Die Fans sind begeistert von dem Geschmack, aber auch von dem Mythos Schottlands“, sagt der Experte. Und so meinen die Kenner das Moor und die raue Landschaft der Highlands auf der Zunge zu spüren.

Richtig guter Whisky findet so auch mehr und mehr den Weg an die Theken von Bars und Kneipen. Eine Pilgerstätte im Ruhrgebiet ist das Charivari im Bahnhof Wattenscheid. Inhaber Manfred Ortmann schenkt hier 120 verschiedene Whisky-Sorten aus. Ein Zwei-Zentiliter-Glas kostet zwischen 1,50 und 18 Euro – je nach Qualität.

„Wir haben Gäste von Dortmund bis Düsseldorf“, sagt Ortmann. Denn ausgewiesene Whisky-Bars sind in der Region rar gesät. Mit dem reinen Kneipenbetrieb könnte der Wirt aber nicht überleben. Und so bietet er jährlich ein Dutzend Whisky-Tastings an, die mit jeweils 70 Teilnehmern stets ausgebucht sind. Zudem organisiert Ortmann Whisky-Events in Straßenbahnen, Bussen und Reisen nach Schottland. Der Kenner hält es für möglich, dass die Whisky-Euphorie zu Ende gehen könnte. Ein Schicksal, das auch den Cognac und den Grappa ereilte. Ortmann baut vor: „Demnächst kommt Rum. Ich bereite mich schon darauf vor.“