Berlin. . Der Chef der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin, Joachim Hunold, legt sein Amt nieder. Der frühere Bahn-Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn wird Interimsnachfolger. Er soll Air Berlin aus den roten Zahlen holen
Mit einem Paukenschlag endete die eigentlich unspektakuläre Präsentation einer ungewöhnlich schlechten Halbjahresbilanz beim Ferienflieger Air Berlin. Joachim Hunold, Gründer und bisheriger Vorstandsvorsitzender der zweitgrößten Liniengesellschaft Deutschlands, stellte seinen Posten zur Verfügung. Bis sich ein neuer Pilot ins Cockpit setzt, wird ein alter Bekannter die Geschicke der momentan erfolglosen Airline lenken. Aus dem Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn wird nun ein Flugchef. Die entscheidenden Gremien haben dieser Lösung bereits zugestimmt. Ein Führungswechsel könne das eingeleitete Sparprogramm nur beschleunigen, sagte der scheidende Manager.
Mit Mehdorn rückt ein erfahrener Sanierer an die Spitze der Airline. Zuletzt hatte er diese Fähigkeit bei der Deutschen Bahn gezeigt. Innerhalb von zehn Jahren verwandelte er den einst verlustreichen Staatskonzern in ein profitables Unternehmen. Viele Freunde hat sich Mehdorn dabei nicht gemacht. Zugverbindungen wurden gestrichen, an der Wartung gespart und Kritiker abgebügelt, selbst wenn skeptische Fragen aus dem Kreis der Eigentümer kamen.
Durch pampige Worte verdarb es sich der Vorstand mit dem Parlament, das er für den geplanten Börsengang der Bahn gebraucht hätte. Der Datenskandal um überwachte Mitarbeiter kostete schließlich Mehdorn den Job. Zuvor hatte er schon das Unternehmen Heidelberger Zement saniert.
Acht Flugzeuge werden abgeschafft, unrentable Strecken stillgelegt
Ursprünglich beheimatet ist der studierte Maschinenbauer allerdings in der Luftfahrt, bei Airbus in Hamburg. Mit Air Berlin ist der gebürtige Berliner schon länger verbunden. Er sitzt im so genannten Board of Directors, einer Art Aufsichtsgremium nach englischem Recht.
Air Berlin hat die Hilfe eines harten Sanierers offenkundig dringend nötig. Die neue Luftverkehrssteuer und die Unruhen in Nordafrika sowie steigende Kerosinpreise haben dem Unternehmen die Bilanz mächtig verhagelt. Allein im zweiten Quartal 2011 flogen die Maschinen ein Minus von gut 32 Millionen Euro ein. Nun müssen sich die 8900 Beschäftigten sowie Kunden und Flughäfen wohl auf harte Einschnitte einstellen. Von 170 Flugzeugen werden acht abgeschafft, unrentable Strecken gestrichen und einige Regionalflughäfen künftig links liegen gelassen. Dieses Konzept kommt Bahnkunden vermutlich bekannt vor. „Um profitabel zu werden, müssen wir Einschnitte in unser Streckennetz und in unserer Flotte vornehmen“, verteidigt Hunold den Aderlass.
„Air Berlin braucht weniger ein Sparkonzept als einen Strategiewechsel“
Gewerkschaften sehen das kritisch. „Air Berlin braucht weniger ein Sparkonzept als einen Strategiewechsel“, sagte Christoph Schmitz, Sprecher des Verdi-Bundesvorstandes, der NRZ. Die Pilotenvereinigung Cockpit zeigte sich „besorgt um die Arbeitsplätze“.
Für einige Regionalflughäfen ist der Rückzug Air Berlins ein schwerer Schlag. Dresden verliert die Anbindung an Mallorca; Paderborn, Hannover und Münster die Flüge nach England. Aus Erfurt zieht sich das Unternehmen ganz zurück. Hunold gibt der Politik die Schuld daran. Die Regionalflughäfen seien ein Opfer der zu Jahresbeginn eingeführten Luftverkehrssteuer, kritisiert der Manager. 45 Millionen Euro kostete die Abgabe allein im zweiten Quartal. Auf die Preise konnte Air Berlin dies wegen des harten Wettbewerbs nicht umwälzen.