Essen. . Sie machen den Großen der Branche das Leben schwer. Spieleentwickler wie Zynga, die mit Facebook-Spielen wie Farmville ein Millionen-Publikum erreichen. Die Kostenlos-Titel rollen die Branche auf. Das zeigt sich auch auf der am Mittwoch startenden Videospielmesse Gamescom in Köln.
Eines der erfolgreichsten Online-Spiele geht so: Ein lieblos gezeichnetes Männchen mit übergroßem Kopf marschiert ungelenk über einen Acker und pflanzt Rüben an. Und nach ein paar Stunden ist Erntezeit. Dafür gibt’s dann Spielgeld, für Samen oder eine funkelnagelneue Scheune. Und wem das nicht schnell genug geht, der nimmt ein paar echte Euro in die Hand und kauft noch mehr Spielgeld. Das Spiel heißt „Farmville“ und zählt zu den meistgespielten im sozialen Internet-Netzwerk Facebook. Farmville, CityVille, FrontierVille – all diese Spiele sind aus der Feder von Zynga.
Firmen wie Zynga sind dabei, den Markt für Videospiele zu revolutionieren. Jeder dritte Facebooknutzer, das sind über 200 Millionen Menschen weltweit, hat solche Spiele schon einmal gespielt. Nicht wenige waren bereit, dafür auch Geld auszugeben. Allein Zynga setzte damit von Januar bis März 243 Millionen US-Dollar (169 Millionen Euro) um, im Vorjahreszeitraum waren es nur 101 Millionen Dollar. Und die Spieler bezahlen mit Kleinstbeträgen. Die Branche spricht von Micro Payments.
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Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache
Auch Zynga wird mit einem Stand auf der heute startenden Videospielemesse Gamescom in Köln vertreten sein. Der Bundesverband interaktive Unterhaltungsindustrie (BIU) hat zum Start von Europas größter Videospiel-Messe Zahlen vorgelegt. Die sprechen eine deutliche Sprache. Der Markt für klassische Videospiele ist leicht rückläufig. Zwar machen Spiele, die als DVD oder zum Herunterladen im Internet verkauft werden, weiterhin den Großteil des Umsatzes aus, aber Online-Spiele, vor allem die, die man auch gratis spielen kann, holen auf.
Plus zehn Prozent bei den Online-Gebühren, plus 30 Prozent beim sogenannten Item-Selling, dem Verkauf virtueller Güter. Ein neuer Hut für die Hauptfigur des Spiels, ein besonders schöner Brunnen für den zentralen Platz im Aufbaustrategiespiel. Man möchte sich ja von den Mitspielern unterscheiden.
Doch der eigentliche Reiz der Spiele, der liegt nicht in fotorealistischer Grafik und einer ausgeklügelten Hintergrundgeschichte. Online-Spieler wollen mit anderen Online-Spielern in Kontakt treten. Mit ihnen gemeinsam Bauernhöfe bewirtschaften, Städte bauen, gegeneinander kämpfen.
Die Großen der Branche schlucken die Aufsteiger
Das haben auch mittlerweile die Großen der Branche erkannt, kaufen sich bei den Aufsteigern ein – oder schlucken sie komplett. Branchenprimus Electronic Arts (EA) etwa schnappte sich den Zynga-Konkurrenten PopCap – für umgerechnet 900 Millionen Euro. Was EA dazu bewegt hat? Es dürften Umfragen wie diese sein: Spieler sind dazu bereit, bis zu 50 Prozent mehr auszugeben, wenn sie den Betrag nicht auf einmal aufwenden müssen, sondern in Häppchen bezahlen können.
Das Ende des klassischen Computerspiels bedeutet der Siegeszug der Browser-Spiele allerdings nicht. „PC und Konsole werden auch weiterhin den Großteil des Marktes ausmachen“, sagt Andreas Leisdon vom BIU. Bester Beweis dafür: Das erfolgreichste Computerspiel 2010 in Deutschland war eine Fußball-Simulation – und die kostet im Schnitt rund 50 Euro.