Berlin. Das Prinzip „Mann sucht Mann“ scheint auf vielen Chefetagen vitaler denn je zu sein, die „Männercliquen“ regieren im Spitzenmanagement. Warum müssen Frauen draußen bleiben?

Mann sucht Mann: Viele Konzernchefs entscheiden bei der Auswahl von Topmanagern nach dem „Ähnlichkeitsprinzip“. Für Jobs im deutschen Spitzenmanagement, bestätigen Forscher und Führungskräfte, zähle dabei oft das ungeschriebene Gesetz von Männercliquen: „Mit Frauen wird’s kompliziert.“

Wer in diesen Tagen nach Gründen sucht, warum in Deutschland gerade so heftig über Frauenquoten in Unternehmen gestritten wird, sollte sich mal mit Leo Fischer unterhalten, dem Chefredakteur der Satirezeitschrift „Titanic“: „Als jemand, der seinen Posten überwiegend männlichen Seilschaften und Spezi-Wirtschaft zu verdanken hat“, sagt der 29-Jährige, „weiß ich genau, wie viel Zeit und Sorgfalt es kostet, Netzwerke zu pflegen und alte Kumpel bei der Stange zu halten.“ Polemik oder Wirklichkeit?

Das Ähnlichkeitsprinzip

„Spitzenmanager suchen nach Leuten, die ihnen ähneln“, sagt der Elitenforscher Michael Hartmann aus Darmstadt. Auch viele Headhunter vertrauten dem „Ähnlichkeitsprinzip“. Sichtbar zum Beispiel in der Körpersprache: Wie groß ist der Bewerber, wie füllt er den Raum, wie setzt er sich hin, wie laut redet er? Kommt eine Frau herein, geraten die Maßstäbe durcheinander, das Bauchgefühl der Führungsmänner ist irritiert. „Für Frauen fehlen den meisten einfach die Kriterien, weil es so wenige Spitzenmanagerinnen gibt.“

Auch Monika Schulz-Strelow, Investment-Beraterin und Präsidentin der Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAR) weiß: „Die Entscheider halten sich ans Gewohnte – männlich, heterosexuell, deutsch, Abschluss in Harvard, Fortbildung in St. Gallen.“ Gut ist auch, wenn der Kandidat verheiratet ist, denn: In Kreisen, wo Spitzenkräfte im halboffiziellen Rahmen „nebst Gattin“ aufzutauchen haben, bringt eine Spitzenmanagerin die alte Ordnung in Gefahr. „Das gibt Komplikationen“, sagt Elitenforscher Hartmann, „zum Beispiel mit dem Damenprogramm.“

Bewährter Zirkel

Solche Schwierigkeiten scheuen viele. Zumindest, wenn sie zum ersten der drei Manager-Typen gehören, die der Heidelberger Soziologe Carsten Wippermann ausgemacht hat: Der traditionelle Typ will keine Frauen in der Chefetage, weil sie erstens die „bewährten Zirkel stören“ und zweitens angeblich das falsche Signal an die Geschäftspartner senden. Ihr Credo: Wirtschaft sei nun mal konservativ, und eine Führungsperson brauche einen stabilen familiären Hintergrund, um den Geschäftspartnern „ordentliche Verhältnisse“ zu signalisieren.

Und was hält die Männerrunden im Innersten zusammen? Studentische Verbindungen oder traditionelle Netzwerke wie Rotarier oder Lions Club spielen laut Hartmann keine Rolle mehr. Die wichtigsten deutschen Machtzirkel sind elitär, streng vertraulich, aber eher informell organisiert, wie auch der ehemalige VW-Manager Daniel Goeudevert bestätigt: „Viele Geschäftskontakte werden bei Nebengesprächen geknüpft – beim Abendessen oder Golf.“ Oder beim Bergsteigen, wie es die Truppe der „Similauner“ betreibt. In der aktuellen Ausgabe des Manager Magazins steht dazu ein bezeichnender Satz: „In Kitzbühel treffen sich die Similauner (mit Frauen) einmal im Jahr zum Skiwochenende.“ Frauen werden formal eingeklammert und de facto ausgeklammert.

Wie die Firmen ticken

Und über was wird geredet – abseits von Geschäft und Gewinn? Hier ändert sich offenbar gerade etwas: Der gehobene Smalltalk über Literatur, Theater oder Musik wird zunehmend abgelöst durch Gespräche über Fitness oder Fußball. „Die Leute“, so Hartmann, „haben keine Zeit mehr, ein Buch zu lesen oder ins Theater zu gehen, aber zum Joggen kommen sie noch.“ Das Bild vom Patriarchen mit Zigarre und Opern-Abo wäre damit Geschichte.

Das bewährte Prinzip „Mann sucht Mann“ dagegen scheint vitaler denn je, zumal in Zeiten globaler Geschäftsbeziehungen. Goeudevert: „Ich bin überzeugt, dass deutsche Firmen, die ihre Geschäfte mit arabischen Partnern machen, darüber nachdenken, ob auf der deutschen Seite eine Frau der geeignete Verhandlungspartner wäre. Ich weiß ja, wie die Firmen ticken.“