Wiesbaden. .
Die Deutschen trinken immer weniger Bier, kaufen aber so viele Erfrischungsgetränke wie noch nie. Auch mit so genannten Biermixgetränkten konnten die deutschen Brauereien dem Negativ-Trend offenbar nicht entscheidend entgegenwirken.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sank der Absatz der in der Bundesrepublik ansässigen Brauereien und Bierlager 2010 trotz Fußball-WM erneut um 1,7 Prozent auf 98,3 Millionen Hektoliter. Insgesamt ging der Bierabsatz in den vergangenen zehn Jahren um gut zehn Prozent zurück, wie die Statistiker am Donnerstag mitteilten. Gleichzeitig meldete die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (wafg), dass der Pro-Kopf-Verbrauch von Erfrischungsgetränken im vergangenen Jahr erneut gestiegen ist - auf 118,2 Liter. Im Jahr 2009 waren es 117 Liter.
Immer mehr kleine und mittlere Brauereien müssen aufgrund der Entwicklungen auf dem Getränkemarkt aufgeben oder werden von großen Brauereiketten übernommen. Die Bierbrauer suchen deshalb schon seit Jahren nach Antworten auf die Krise. Große Hoffnungen setzten sie lange Zeit in Biermix-Getränke, die vor allem bei den unter 30-Jährigen auf Interesse stießen. Doch ausgerechnet im vergangenen Jahr scheint auch dieser Wachstumstraum ausgeträumt. Der Absatz bei den von den deutschen Brauereien bislang als Wachstumsmarkt betrachteten Biermischungen - also Bier gemischt mit Limonade, Cola, Fruchtsäften und anderen alkoholfreien Zusätzen - verringerte sich 2010 um 2,7 Prozent auf vier Millionen Hektoliter. Ihr Marktanteil belief sich auf knapp vier Prozent.
Bierexport gestiegen
Der größte Teil des in Deutschland gebrauten Bieres - immerhin 85 Prozent - wurde auch hierzulande konsumiert. Am größten war den Statistikern zufolge der Absatz in Nordrhein-Westfalen und Bayern. 14,7 Millionen Hektoliter Liter wurden exportiert - allerdings mit steigender Tendenz. 20 Millionen Liter Bier gingen als Haustrunk an die Mitarbeiter der Brauereien.
Der erneute Absatzrückgang ist für die Branche keine Überraschung. Bei den deutschen Brauereien herrscht seit Jahren Katerstimmung, und Besserung ist nicht in Sicht. „Der Markt wird weiter schrumpfen“, prognostizierte kürzlich der Generalbevollmächtigte der Veltins-Brauerei, Michael Huber. Ohne den Rückenwind der Fußball-WM könne der Konsumrückgang 2011 sogar noch stärker ausfallen als im vergangenen Jahr, befürchtete der Branchenkenner.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Peter Hahn, erwartet auch 2011 ein schwieriges Jahr. So setzten der Preiswettkampf des Handels und steigende Kosten die Branche insgesamt unter Druck, sagte Hahn. Einige Brauereien könnten gezwungen sein, die Preise zu erhöhen. „In diesem Jahr haben wir bis auf die anstehende Frauenfußballweltmeisterschaft keinen herausragenden deutschlandweiten Konsumanlass“, sagte Hahn weiter. Er hofft, dass die Fußballerinnen begeistern und zum Mitfiebern bei einem Bier ermuntern können.
Preiskrieg im Handel
Die Bierbranche hat langfristig gesehen gleich zwei Probleme: Die deutsche Gesellschaft altert, und das Konsumverhalten ändert sich. „Ältere trinken weniger und gehen nicht mehr so oft in die Kneipe. Die junge Generation trinkt mehr alkoholfreie oder Mischgetränke“, erklärte der Sprecher des Deutschen Brauerbundes, Marc-Oliver Huhnholz, die Situation. Außerdem habe sich der Umgang mit Bier verändert. Gehörte früher auf dem Bau die Flasche Bier zum guten Ton, so ist heute im Büro die Tasse Kaffee obligatorisch.
Von der Entwicklung profitieren offenbar die Hersteller von alkoholfreien Erfrischungsgetränken. Laut wafg-Präsident Klaus Stadler erfreuten sich diese Getränke einer „nachhaltig wachsenden Beliebtheit“. Neben Produktinnovationen wie kalorienfreien oder Energy Drinks leisteten klassische Erfrischungsgetränke wie Cola oder Limonade weiterhin ihren Anteil zum Wachstum.
Stadler bezeichnete das Marktumfeld dennoch als „schwierig“. So sei nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Jahr 2010 der Verbraucherpreis für koffeinhaltige Erfrischungsgetränke durchschnittlich um 2,0 Prozent gesunken. Gleichzeitig sehe sich die Branche ständig steigenden Ausgaben für Rohstoffe, Transport und Produktion ausgesetzt. (dapd)