Abidjan. . Kakao ist so teuer wie seit 30 Jahren nicht mehr. Hintergrund ist die Ankündigung eines Exportverbots in der Elfenbeinküste. Schokohersteller sind verunsichert.

Der Machtpoker im Kakao-Exportland Elfenbeinküste ist am Montag mit Wucht auf die internationalen Rohstoffmärkte durchgeschlagen. Der Preis für den Schokoladengrundstoff stieg rasant und erreichte fast das höchste Niveau seit 30 Jahren, weil am Markt Lieferengpässe befürchtet wurden.

Hintergrund ist der Aufruf zu einem vierwöchigen Kakao-Ausfuhrstopp aus dem westafrikanischen Land, aus dem gut ein Drittel der weltweiten Kakao-Produktion stammt. Damit will der international als Sieger der Präsidentenwahl anerkannte Alassane Ouattara Amtsinhaber Laurent Gbagbo den Geldhahn zudrehen - und ihn so zur Aufgabe zwingen.

Zunächst war noch unklar, ob Ouattara das Ausfuhr-Moratorium durchsetzen kann. Schließlich kontrolliert sein Widersacher Gbagbo die Transportwege zu den Häfen. Der US-Agrarriese Cargill stellte Konzernkreisen zufolge allerdings bereits den Kauf von Kakao aus der Elfenbeinküste ein. Die EU erklärte aber, ein Embargo sei zwar eine Option, derzeit aber unwahrscheinlich. Die Nachteile für die Bevölkerung wären zu groß, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton.

Wichtigster Kakaoproduzent der Welt

Die Elfenbeinküste ist der wichtigste Kakaoproduzent der Welt und von den Exporteinnahmen abhängig. Der Handel bringt dem Staat nach einigen Schätzungen jährlich rund eine Milliarde Dollar ein - eine wichtige Stütze für das Machtsystem des bisherigen Präsidenten Gbagbos. Dieser dürfte also alles daran setzen, um den Export am Laufen zu halten und Geld für die Bezahlung von Militärs und Beamten in die Kassen zu bringen.

Und tatsächlich lief der Betrieb in der Elfenbeinküste Exporteuren zufolge am Montag zunächst wie üblich. „Wir sind praktisch alle zur Arbeit gekommen“, sagte ein Exporteur. „Wir fühlen uns unwohl zwischen den Fronten der beiden Präsidenten.“ Als Geschäftsleute hätten sie aber keine andere Wahl als zu arbeiten. „Kakaobauern und -exporteure in der Elfenbeinküste wollen immer noch Geld verdienen“, bestätigte Analyst Andrey Kryuchenkov. „Der Markt reagiert heute einfach über.“

Der deutsche Branchenverband für Rohkakaohandel erklärte, es gebe keine Anzeichen für größere Behinderungen. Aber am Markt herrsche große Unsicherheit, sagte ein Sprecher. „Jeder tappt im Dunkeln“, meinte auch ein Kakaohändler in London. Die großen Firmen sorgten vor und versuchten mit dem Kauf von Kakao und Kakaoprodukten ihr eigenes Risiko zu minimieren. Wenn das Embargo umgesetzt wird, sei mit enormen Ausschlägen an den Märkten zu rechnen, sagte Gary Mead, Analyst der VM Group. „Wenn es durchgesetzt wird, geht der Preis für Kakao durch die Decke.“

Süßwaren-Industrie in Sorge

Die Folgen machen auch der deutschen Schokoladenbranche zu schaffen. Schon vor Ouattaras Aufforderung zum Exportstopp fürchtete die Süßwarenindustrie wegen der Regierungskrise in der Elfenbeinküste weiter steigende Rohstoffpreise. Die Aussicht auf einen drohenden Bürgerkrieg macht Schoko-Herstellern wie dem Pfälzer Unternehmen Wawi Sorgen. „Wenn es dort knallt, steigt der Kakaopreis um 50 Prozent“, prognostizierte Wawi-Chef Walter Müller unlängst.

Doch am Montag reichte schon die Furcht vor einem Versorgungsengpass, um den Preis kräftig in die Höhe zu treiben. Am selben Tag schrieb Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy den G20 auf die Fahnen, durch eine bessere Kontrolle und Transparenz der Rohstoffmärkte die Lebensmittelpreise im Zaum zu halten. Sarkozy stellte die Rohstoffmärkte sogar in den Mittelpunkt von Frankreichs Präsidentschaft der Gruppe der der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20).

Am Montag verteuerte sich der US-Mai-Kontrakt um bis zu 5,3 Prozent auf 3340 Dollar je Tonne, ein anderer Kontrakt näherte sich dem 30-Jahres-Höchstwert von 3514 Dollar, und an der Londoner Terminbörse Liffe erreichten die Bohnen den Preis von 2269 Pfund je Tonne - ein Plus von 7,3 Prozent. (rtr)