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Die Bürger sollen auch Metall, Plastik und Holz sammeln. Kommunale und private Firmen wittern einen riesigen Markt.

Dass Müll nicht gleich Müll ist, wissen Verbraucher spätestens seit Einführung des Gelben Sackes. Seit Anfang der 1990er Jahre sortieren sie, bevor sie wegschmeißen. Immer wieder ka­men neue Behälter hinzu, für „Bio“ oder Altpapier. Ums Papier gab es einen ersten Tonnenkampf. Unternehmen der Entsorgungs- und Recyclingbranche sowie Städte und Gemeinden beharkten sich. Der Streit landete vor dem höchsten Verwaltungsgericht. Im Juni 2010 des vergangenen Jahres hatte der Staat gesiegt – vorerst.

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Jetzt gibt’s wieder Krach, seit mehr als sechs Monaten. Diesmal geht es um die Wertstofftonne. Gekämpft wird einmal mehr mit allen Bandagen. Es geht so weit, dass Kommunen wie Bochum oder Dortmund Fakten schaffen. Und Tonnen aufstellen, um den Privaten zuvorzukommen. Einmal mehr gibt es Klagen vor Verwaltungsgerichten.

Der Sinn der neuen Behälter, die bald vor jeder Haustür stehen könnten, ist unbestritten. In ihnen sollen Verpackungen und andere Stoffe landen: Metall, Plastik, Holz. Sie würden das Leben der Verbraucher erleichtern und Ressourcen schonen. Knackpunkt der Auseinandersetzung ist die Frage: Wem gehört der Inhalt, wer sammelt ihn, sortiert, verwertet.

Das Umweltministerium plant nun, im Restmüll enthaltene Wertstoffe den Gesetzen des Marktes zu überlassen. Auch die Privatwirtschaft soll sich darum bemühen dürfen. Bisher galt dies nur für die Verpackungen mit dem Grünen Punkt. Die Öffnung des Marktes sei richtig, weil laut europäischer Rechtsprechung vorgeschrieben, sagt die für das Ruhrgebiet zuständige Europaabgeordnete Renate Sommer (CDU).

Die Bundesregierung argumentiert ebenso. Sie folge mit dem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz den Vorgaben einer EU-Abfallrichtlinie, die spätestens 2015 in nationales Recht umgesetzt sein muss. Die Recyclingquoten – in Deutschland schon heute sehr hoch – sollen auch in Spanien oder Italien steigen, zum Wohle von Umwelt und Wirtschaft. Wer Rohstoffe nicht mehr auf Deponien kippe oder verbrenne, spare Milliarden.

Kommunen alarmiert

Die kommunalen Spitzenverbände sind alarmiert: Sie protestierten per Resolution, die schon 800 öffentliche Entsorger und ungezählte Stadt- und Gemeinderäte unterstützen. Die Verbände warnen vor „ruinösem Wettbewerb“ bei der Entsorgung und Verwertung von Abfällen. Während der Staat auch künftig die flächendeckende und verlässliche Abfuhr von Müll garantieren müsse und dafür Millionen investiert hätte, könnten die Privaten in Großsiedlungen oder Ballungsräume hineindrängen, um sich die Rohstoffe aus den neuen Tonnen zu picken. Bluten müssten dafür die städtischen Haushalte, der Gebührenzahler, heißt es in einer Stellungnahme von Städte-, Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund.

Die privaten Entsorger sehen das anders: „Wertstoffe sind ein Wirtschaftsgut, das muss auf den freien Markt“, sagt Verena Köttker vom Berliner Recycling- und Abfallunternehmen Alba. Behielten die Kommunen das Monopol, sei das Planwirtschaft. Dass die Abfallbeseitigung ein Teil der Daseinsvorsorge ist, hält Alba für überholt. „Der Staat muss es nicht mehr machen. Mindestens 25 Unternehmen stehen parat, es würde funktionieren“, sagt Köttker. Ins gleiche Horn stößt der Entsorger Remondis: „Der exklusive Zugriff auf Rohstoffe soll kommunale Haushaltsprobleme lösen. Das hat nichts mit Marktwirtschaft zu tun“, sagt Sprecher Michael Schneider.

Die privaten Firmen und der Staat, sie belauern sich wieder. Noch ist das Gesetz nicht verabschiedet, sind Details unklar. Insider gehen davon aus, dass der Kampf um Rohstoffe nicht allein in Deutschland entschieden wird, sondern in Europa.