Essen. .

Der Zeitpunkt, zu dem der spanische Baukonzern ACS die Kontrolle bei Hochtief übernimmt, rückt näher – und damit steigt die Furcht vor einer Zerschlagung des Essener Traditionsunternehmens.

Dementis aus Spanien hört man bei Hochtief gar nicht gerne. Frei nach dem Motto: Wer einmal lügt ... Als die Hochtief-Belegschaft noch Hoffnung hatte, den Angriff von ACS und seinem schillernden Chef Florentino Perez abwehren zu können, waren in der Zentrale Schilder mit der Aufschrift zu sehen: „In Memoriam Dragados“. Hinter dem Namen Dragados steckte einmal einer der großen spanischen ACS-Konkurrenten. Für Perez war es der erste ganz große Coup: 2003 schlich er sich an Dragados an, um dort die Kontrolle an sich zu reißen. Die Beteuerungen, dass er nicht die Zerschlagung im Hinterkopf habe, hätten Perez eine lange Nase wachsen lassen müssen.

Ein Jahr lang blieb Dragados unabhängig, dann beschloss Perez, das geschluckte Unternehmen in den ACS-Konzern einzugliedern und die Filetierung folgte. Attraktive Firmenteile wurden verkauft, Standorte geschlossen. Vor zwei Wochen berichtete des Internetportal „Hispanidad“, dass in den vergangenen Jahren mehr als 6000 Mitarbeiter bei Dragados ihren Job verloren hätten. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es von ACS natürlich nicht.

„Aggressive Zukäufe ziehen sich durch die Geschichte von ACS“, weiß Alexander Groschke, Analyst für die Baubranche bei der Landesbank Baden-Württemberg. Die Geschichte von ACS erzählt von ständigen Zu- und Verkäufen, nicht von organischem Wachstum. Groschke glaubt, dass ACS bei Hochtief „in die Kasse greifen“ will. Wobei für ihn der Begriff Zerschlagung aber nicht gleichbedeutend mit einer Schließung der Essener Konzernzentrale ist. Töchterfirmen wie die australische Leighton agierten schon heute selbstständig, ein Weiterverkauf wäre unproblematisch. Und die Konzern-Tochter „Concessions“, die Flughäfen betreibt, bot Hochtief bereits selbst zum Verkauf an.

Iberdrola wehrt sich

„Hochtief dient Perez als Mittel zum Zweck“, ist Groschke überzeugt. Mit den Verkaufserlösen könnte ACS seinen Einfluss beim spanischen Versorger Iberdrola ausbauen. Möglicher Hintergedanke: Die Umwandlung der europäischen Stromnetze für Erneuerbare Energien wird Bauarbeiten in erheblichem Umfang auslösen. Welch Parallele: Hochtief war selbst einmal eine Tochter von RWE.

Noch eine Gemeinsamkeit existiert: Genau wie Hochtief wehrt sich Iberdrola mit allen rechtlichen Kniffen gegen die Kaperung durch ACS.

Zu diesen Kämpfen passt nicht das Bild, das Perez von sich selbst hat. Er hält sich für einen friedlichen Menschen. Sein Wesen sei geprägt von Toleranz, Verständnis, Dialog und Verhandlungen, versicherte er vor Jahren in einem Interview mit der renommierten Zeitung „El Pais“. So habe er auch ACS groß gemacht: „Auf der Grundlage von Verhandlungen und des Einverständnisses.“