Berlin. Ist angesichts des hohen US-Anteils das Klumpenrisiko beim ETF MSCI World zu hoch? Eine Expertin schätzt ein und zeigt Alternativen auf.

Ist die Rente noch sicher? Was können Versicherte privat tun, um im Alter auch finanziell sorgenfrei leben zu können? Sandra Klug ist Altersvorsorge- und Rentenexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. An dieser Stelle beantwortet sie regelmäßig Fragen zu den Themen private Vorsorge und Rente. Heute: Wie groß das Risiko beim ETF MSCI World wirklich ist – und wie man die eigene Altersvorsorge ganz einfach auf breitere Füße stellen kann.

Frau Klug, der MSCI World zählt in Deutschland zu den beliebtesten ETFs bei der privaten Altersvorsorge. Mit 71 Prozent machen die USA aber den mit Abstand größten Anteil am Index aus. Ist das zu riskant?

Sandra Klug: Die Frage, ob darin ein Klumpenrisiko liegt, das einfach zu groß ist, wird immer wieder diskutiert. Mir scheint es zwei Lager zu geben – die einen sagen, ja, die anderen nein. Natürlich gibt es ein Übergewicht auf den USA, aber die Unternehmen machen einen Teil ihrer Gewinne auch nicht in ihrem Heimatland, sodass durchaus eine Verflechtung mit der ganzen Welt gegeben ist. Das Risiko ist also gar nicht so groß.

In welchem Lager sind Sie?

Klug: Aus meiner Sicht ist der MSCI World ein super Einstiegsindex. Ich halte das Klumpenrisiko für nicht so hoch. Mit einfachen Mechanismen kann das Übergewicht USA minimiert werden.

Welche?

Klug: Andere Fonds mit anderen Schwerpunkten verändern die Gewichtung. Der MSCI World tut nur so, als ob er die ganze Welt abbildet. Tatsächlich beinhaltet er nur Unternehmen aus 23 Industriestaaten und von denen sind auch nur die dicksten Schiffe dabei. Mittlerweile sind nur noch knapp 1.400 Unternehmen Teil des Indexes, es sind über die Jahre über 200 weniger geworden. Es ist einfach, Schwellenländer, mittelständische Unternehmen oder auch Europa beizumischen, indem mehrere ETFs bespart werden.

Gibt es da spezielle andere ETFs, die Sie als Beimischung empfehlen würden?

Klug: Zunächst ist zu überlegen, wie die Zusammensetzung des Depots aussehen soll. Welche Indizes kommen in Frage? Der MSCI World ist nicht der einzige weltweite Index und MSCI nicht der einzige Indexanbieter. Es gibt in jedem Bereich verschiedene Indizes. Dann ist der beizumischende Fonds auszusuchen.

Welche Folgen hätte denn ein großer Crash der US-Aktien für den MSCI World?

Klug: Grundsätzlich ist jeder Crash ein Crash, so wie er immer mal wieder vorkommt. Klar, es würde vielleicht auch eine Zeitlang brauchen, bis sich der Index davon erholt hätte. Risiko gibt es immer, wenn man in Fonds investiert. Wenn es einen solchen Crash gibt, wäre Panik ein schlechter Berater, also nicht aus der Angst heraus verkaufen. Wir können nicht in die Zukunft gucken, aber die Vergangenheit zeigt, dass man über 10 bis 15 Jahre gesehen zu jedem Einstiegszeitpunkt im Plus gewesen wäre.

Wie viel Geld des monatlichen Nettos empfehlen Sie, in die eigene Altersvorsorge zu investieren?

Klug: Das ist eine Frage, die ich nicht besonders gerne mag, sie ist im Grunde nur individuell zu beantworten.

Gibt es da keine handfeste Größe?

Klug: Bei Riester gab es mal die Idee, dass vier Prozent vom Brutto reichen würde, um die Rentenlücke zu schließen. Mittlerweile wissen wir, dass das nicht reicht. Nötig wären eher zehn Prozent. Aber: Wenn ich jetzt 4500 Euro brutto monatlich verdiene und davon zehn Prozent sparen soll, wären das 450 Euro. Man liest auch immer wieder, dass die Sparrate bei 15 bis 20 Prozent vom Netto liegen soll. Wünschenswert wäre es, aber welche Familie mit zwei Kindern schafft das? Es kommt auch auf die Lebenswirklichkeit an.

Sollte man lieber einmal auf Urlaub verzichten und stattdessen die monatliche Sparrate für die Altersvorsorge erhöhen?

Klug: Urlaub ist auch wichtig. Ich finde grundfalsch, immer nur an morgen zu denken und nicht im ‚Hier und Jetzt‘ zu leben. Sicher können die Ausgaben mal auf den Prüfstand gestellt werden. Sind alle Verträge und Ausgaben nötig? Hier kann eine Beratung helfen. Vielleicht muss man sich auch beim Sparen selbst überlisten. Die Menschen individuell zu betrachten finde ich sinnvoller, als irgendwelche Faustformeln.

Ist es sinnvoll, für die eigene Altersvorsorge ausschließlich auf ETFs zu setzen?

Klug: Es kommt auf eine gute Mischung an. Wie dann die Mischung im Einzelnen aussieht und wie viel Risikobereitschaft dabei ist, ist total unterschiedlich.

Ist es sinnvoll täglich in das eigene Depot zu schauen?

Klug: Nein. Aus unserer Sicht reicht es total, sich eine gute ETF-Strategie zurechtzulegen und da dann die nächsten 30 Jahre einzuzahlen. Man muss nicht zum Daytrader werden.

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