Bochum. Albtraum für Hacker: TF-Industries revolutioniert IT-Sicherheit. Datensicherung gegen Cyberkriminelle laut Telekom-Manager „einmalig“.
Ein Bochumer Start-up könnte die IT-Branche revolutionieren - jedenfalls in punkto Datensicherheit. TF-Industries hat eine Hardware entwickelt, die es Hackern richtig schwer machen könnte, Firmen über Datenklau zu erpressen. Nach ersten Kunden aus dem Mittelstand schnellt das Interesse an der Erfindung jetzt auch bei Großkonzernen wie der Telekom in die Höhe.
Eigentlich ist es kaum zu glauben, dass noch keine große Firma für IT-Sicherheit auf diese Idee gekommen ist. Die Entwicklung von Fabian Gieshoff, einem 23-jährigen Studenten für IT-Sicherheit aus Neuenrade, sorgt in der Branche für Aufsehen. Gieshoff brachte gemeinsam mit seinen drei Partnern vor einem Jahr einen Datenspeicher auf den Markt, der Cyberkriminellen auf lange Zeit den Spaß und das einträgliche Geschäft verderben könnte. „Der Safe Storage ist der sicherste Daten-Speicher der Welt“, erklärte Gieshoff vor einem Jahr. Mittlerweile sind Experten aus der IT-Sicherheitsbranche und die ersten Kunden davon überzeugt, dass das Unternehmen TF-Industries (TFI) mit seinen Produkten etwas ganz Besonderes ist.
„Zu TF-Industries kann man sagen, dass es nichts Vergleichbares gibt. Das macht das Start-up so besonders und interessant.“
„Zu TF-Industries kann man sagen, dass es nichts Vergleichbares gibt. Das macht das Start-up so besonders und interessant“, sagt Marcus Raspel von der Telekom Deutschland, bei der das Start-up im November vergangenen Jahr in das Techboost-Programm aufgenommen wurde. Über dieses Programm werden aktuell knapp 1000 Start-ups aus diversen Branchen gefördert, die über das erste Gründungsstadium bereits hinaus sind und ernsthafte Chancen haben, am Markt zu bestehen.
Telekom Techboost-Prgramm bietet 100.000 Euro und ein wertvolles Netzwerk
Für TF-Industries bedeutet dies, im Wert von 100.000 Euro Datenvolumen der Open-Telekom-Cloud zum Testen eigener Produkte nutzen zu dürfen. Noch viel wichtiger: Das Techboost-Programm ist ein Türöffner zu den großen Telekom-Kunden, die sich mit IT-Sicherheit befassen. „Die Lösung ist absolut einmalig und für unsere Kunden total spannend“, sagt Telekom-Manager Raspel. Und für die Telekom selbst auch, die laut Raspel rund eintausend Experten im Bereich IT-Security beschäftigt. Unter anderem damit, Hackern Fallen aufzustellen (Honeypot-Methode), um den neuesten Angriffsmethoden auf die Spur zu kommen. „Die meisten Unternehmen wissen ja gar nicht, dass sie schon gehackt wurden. Wenn man dann seine Daten im sicheren Backup hat, hat man schon gewonnen“, sagt der Telekom-Manager.
„Wir sind heute viel weiter als vor einem Jahr, weil wir unser Produkt schneller in bestehende IT-Sicherheitssysteme integrieren können.“
Genau dafür sorgen die Produkte von TF-Industries. Das Unternehmen hat seit einem Jahr seinen Sitz in Bochum im Zentrum für IT-Sicherheit in unmittelbarer Nähe zur Ruhr-Universität Bochum. Ein Gebäude, das abgeschirmt gegen Cyberangriffe ist wie ein Hochsicherheitstrakt. Das ist deshalb wichtig für das Start-up, weil hier das Produkt weiterentwickelt wird, zahlreiche Tests laufen, in die kein Unbefugter Einblick haben soll und darf. „Wir sind heute viel weiter als vor einem Jahr, weil wir unser Produkt schneller in bestehende IT-Sicherheitssysteme integrieren können“, sagt Gründer Fabian Gieshoff.
Vor einem Jahr, sagt Gieshoffs Partner Ulrich Vinkelau, habe man mit dem „SafeStorage“ reifes Produkt präsentiert. Eine Kiste, groß wie ein Desktoprechner, in dem Daten in hoher Geschwindigkeit verschlüsselt, sicher auf eine Festplatte geschleust und gespeichert werden können, um im Notfall eines Hackerangriffs nahezu einhundert Prozent wiederherstellen zu können, und zwar ebenfalls innerhalb kurzer Zeit. Ein Unternehmen, das sich mit einem Cyberangriff konfrontiert sieht und möglicherweise erpresst wird, soll so viel schneller wieder reibungslos arbeiten können, als es ohne in der Regel der Fall ist.
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Das erste TFI-Produkt, der SafeStorage, ist für kleinere und mittelgroße Unternehmen gedacht. „Die Idee von SafeStorage, Backups sicher und geschützt vor Ransomware zu erzeugen, hat uns direkt überzeugt“, sagt der IT-Leiter eines mittelständischen Unternehmens mit mehreren Hundert beschäftigten im Sauerland. Im Frühjahr vergangenen Jahres habe das Start-up sein Produkt dort vorgestellt, seit Oktober ist es im Einsatz. Dass der Kunde des Start-ups namentlich in der Öffentlichkeit nicht erwähnt werden möchte, verdeutlicht die Brisanz des Themas und damit den Bedarf. „Mit SafeStorage steht uns jetzt eine weitere Lösung zur Verfügung, die uns im Krisenfall eine Wiederherstellung unserer Systeme in kalkulierbarer Zeit ermöglicht“, sagt der IT-Leiter des Unternehmens (das dieser Redaktion bekannt ist).
Mittlerweile hat TF-Industries auch eine kleinere Lösung entwickelt, den „Safecash“. Die Kundengruppe seien hier Steuerkanzleien oder Arztpraxen, die ihre sensiblen Daten schützen möchten. Das Geschäftsmodell erläutert Tobias Bümmerstede. Der Olper ist Cousin von Fabian Gieshoff, Mitgründer des Start-ups und zuständig für Marketing und Vertrieb. Kunden können bei TF-Industries die Hardware erwerben und zahlen dann für den Service eine monatliche Gebühr. „Beim SafeStorage sind dies aktuell 450 Euro pro Monat, beim Safecash 48 Euro.“
Auf dem Weg in die Champions League der IT-Sicherheit
Angedacht war vor einem Jahr, auch eine Lösung für den Privatgebrauch zu entwickeln. „Es wird in Zukunft auch etwas für den Privatbereich geben, aber das ist noch nicht spruchreif“, sagt Gieshoff. Das Augenmerk von TF-Industries richtet sich aktuell auf Großkunden, die unter anderem über das Netzwerk der Telekom auf das junge Unternehmen aufmerksam geworden sind. Das Stichwort lautet hier „Datendiodensystem“ und ist gedacht für große Systemdienstleister oder auch Rechenzentren. „Mit unserer Methode bieten wir hier ein neues Level an Sicherheit. Unsere Test-Hardware ist vierzigmal schneller als herkömmliche softwarebasierte Lösungen“, sagt Fabian Gieshoff. Diodensysteme seien die Champions League der Sicherheitssysteme.
Um diese große Lösung weiter entwickeln zu können, hofft das Start-up noch auf grünes Licht für eine Finanzierung in Höhe von 800.000 Euro aus Berlin vom Bundesforschungsministerium. TF-Industries ist im vergangenen Jahr vom renommierten Bochumer Horst-Görtz-Institut für IT-Sicherheit zur Förderung empfohlen worden. Das Geld soll in Hardware am Firmensitz investiert werden und in bis zu fünfeinhalb Stellen, um schneller weiterentwickeln zu können.
Das sind die Expertentipps für Sicherheit am privaten PC
Dann vielleicht auch eine Lösung für den privaten Gebrauch. Einstweilen gibt Mitgründer Daniel Grund ein paar Tipps, bis es so weit ist. „Am besten nicht ins Internet gehen“, sagt Grund. Was sich scherzhaft anhört ist ernst gemeint. Zumindest sollte man nicht wahllos durch das weltweite Netz surfen. „Man sollte sich auch fragen, ob der Rechner zuhause immer im W-Lan sein muss. Das bietet Angriffsfläche.“ Grund rät zudem, immer das neueste Betriebssystem aufzuspielen, bei Passwortabfragen eine Zwei-Faktor-Authentifizierung zu nutzen, seine Passworte nicht im Browser zu speichern und die wichtigsten Daten regelmäßig auf einer externen Festplatte zu speichern – und dies nicht nur in Erwägung zu ziehen. Zu glauben, man werde als Privatmensch schon nicht angegriffen, sei naiv. „Das läuft automatisiert“, sagt David Grund.
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