Mülheim. Tchibo ist mit einer Klage gegen zu billigen Kaffee von Aldi Süd nicht durchgekommen. Das Urteil stärkt vor allem die Eigenmarken der großen Ketten.
Tiefstpreise sind das Geschäftsprinzip der Lebensmittel-Discounter, doch beliebig billig dürfen auch sie ihre Waren nicht verkaufen. Für den Geschmack von Tchibo „verramscht“ Aldi Süd seinen Kaffee zu günstig, vor Weihnachten kostete das Pfund Filterkaffee der Eigenmarke Barissimo 2,69 Euro, aktuell 3,79 Euro. Doch mit seiner Wettbewerbsklage kam der Hamburger Kaffee-Riese zumindest nicht in der ersten Instanz durch.
Aldi Süd darf seinen Kaffee weiter so günstig verkaufen, wie der Mülheimer Discounter es will. Das hat die Kartellkammer des Düsseldorfer Landgerichts am Mittwoch entschieden und die Tchibo-Klage damit abgewiesen. Das Hamburger Unternehmen will nun das Urteil „sehr sorgfältig prüfen und dann über die nächsten Schritte entscheiden“, wie ein Tchibo-Sprecher unserer Redaktion sagte. Berufung kann Tchibo zunächst beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen.
Tchibo kann mit den Discountpreisen nicht mithalten
Tchibo wirft Aldi Süd vor, seinen Kaffee zu nicht kostendeckenden und damit wettbewerbswidrigen Tiefstpreisen zu verkaufen. Gerade in der aktuellen Marktlage mit weltweit sehr hohen Kaffeepreisen sieht sich Tchibo durch die Discount-Strategie benachteiligt. Sein gemahlener Kaffee kostet derzeit rund acht Euro das Pfund, im Supermarkt wird er auch mal einen oder zwei Euro günstiger angeboten. Für 2025 erwarten Marktexperten mit weiteren Preissprüngen, weil in Brasilien, dem größten Anbauland, wegen einer Dürre eine Missernte befürchtet wird. Dabei sind bereits in den vergangenen zwölf Monaten die Rohstoffpreise für Kaffee um 70 Prozent gestiegen.
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Laut Kartellgesetz ist der Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis verboten. Unter dem Einstandspreis versteht man den Einkaufspreis zuzüglich aller weiteren Kosten etwa für Transport, Extra-Verpackung oder Lagerung. Das Düsseldorfer Gericht ließ allerdings in der Verhandlung durchblicken, dass der Einstandspreis in diesem Fall keine Rolle spielt, weil Aldi Süd seinen Kaffee selbst herstellt, also gar nicht einkaufen muss.
Hier sieht Tchibo eine Regelungslücke im Kartellgesetz, weil dadurch die Eigenmarken der den Lebensmittelhandel dominierenden großen Vier – Aldi, Lidl, Edeka und Rewe – einen Vorteil in der Preisgestaltung erhielten. Und die Eigenmarken machen in den Sortimenten einen immer größeren Anteil aus, bei Aldi Süd bereits rund 90 Prozent.
Aldi Süd sieht sich durch das Urteil in seiner Preisstrategie bestätigt
Tchibo glaubt aber, dass Aldi selbst seinen eigenen Herstellungspreis an der Ladenkasse unterbietet. Aldi Süd habe „seit Ende 2023 immer wieder mit einer Eigenmarke ganz offensichtlich unter seinen eigenen Produktionskosten Kaffee verkauft“, erklärte der Kaffeeröster vor der Gerichtsverhandlung gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Das Kulturgut Kaffee dürfe nicht so „verramscht“ werden.
Doch das Gericht konnte „keine Überlegenheit der Beklagten gegenüber der Klägerin auf dem Markt für Kaffeeprodukte“, feststellen, wie es nach der Verhandlung mitteilte. Es liege nach Ansicht der Kammer „auch keine unbillige Behinderung der Klägerin durch die Beklagte vor“. Eine Verdrängungsabsicht der Beklagten gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern auf dem Markt für Kaffeeprodukte könne nicht festgestellt werden.
Aldi-Preisstrategie im Rahmen erlaubter Mischkalkulation
Die zwischenzeitlich sehr niedrigen Kaffeepreise bei Aldi Süd hatten auch mit Rabattaktionen zu tun, was die Kartellkammer im Rahmen der Mischkalkulation durchgehen ließ. Das Gericht erklärte zur Urteilsbegründung, die Aldi-Strategie verfolge „den dauerhaften, nachvollziehbaren Zweck der Förderung des eigenen Absatzes im Rahmen einer Mischkalkulation“, die Preisgestaltung beruhe deshalb „auf einer kaufmännisch vertretbaren Kalkulation“.
Der Mülheimer Discounter sieht sich durch den Richterspruch natürlich bestätigt: „Aldi Süd begrüßt die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf, das bestätigt, dass die Preisaktionen für Kaffee nicht gegen geltendes Recht verstoßen“, teilte das Unternehmen auf Anfrage unserer Redaktion mit.
Jeder trinkt 160 Liter Kaffee im Jahr
Kaffee ist der Deutschen beliebtestes Getränk und gehört damit im Supermarkt und Discount zu jenen Produkten, bei denen die Leute die größte Preissensibilität zeigen. Entsprechend häufig gibt es Angebote für Kaffee, Butter, Milch und andere viel gekaufte Lebensmittel. Mit mehr als 160 Litern im Jahr trinkt der oder die Durchschnittsdeutsche mehr Kaffee als Mineralwasser.