Berlin. In Deutschland muss VW in den nächsten fünf Jahren 35.000 Arbeitsplätze abbauen. Warum Chef-Personaler Kilian trotzdem zuversichtlich ist.

Der kurz vor Weihnachten erzielte Tarifabschluss bei Volkswagen sieht den Abbau von 35.000 Arbeitsplätzen in Deutschland bis 2030 vor. Das entspricht etwas einem Viertel der derzeitigen Belegschaft. Die mit Abstand meisten Arbeitsplätze werden an den niedersächsischen Standorten gestrichen. Wie VW-Personalvorstand Gunnar Kilian einem Interview mit der „Braunschweiger Zeitung“ sagte, sollen dort in Summe 29.000 Stellen entfallen.

Kilian: „Wir verhindern mit dieser Entscheidung eine wirtschaftliche Schieflage“

Darunter sind 4000 Arbeitsplätze in der Technischen Entwicklung in Wolfsburg. Das entspricht einem Abbau von einem Drittel der Entwicklerstellen. Den Einwand, dass diese Entscheidung den Tod auf Raten für das Wolfsburger VW-Stammwerk einleiten könnte, wies Kilian zurück. „Ganz im Gegenteil. Wir verhindern mit dieser Entscheidung eine wirtschaftliche Schieflage“, sagte der Personalvorstand. Die Entwicklung der Schlüsseltechnologien und die Baukastenkompetenz blieben in Wolfsburg. Allerdings würden mehr Entwicklungsaufträge an andere Standorte vergeben.

VW-Werk in Wolfsburg wird zwei von vier Produktionslinien verlieren

Im Werk Wolfsburg werden nach Angaben Kilians Arbeitsplätze auch in der Produktion über Altersteilzeit und damit sozialverträglich abgebaut. Zudem sollen Beschäftigten in der Produktion erstmals Aufhebungsverträge angeboten werden. Der Grund: Das Werk Wolfsburg wird künftig zwei von vier Produktionslinien verlieren. Damit reagiert der Autobauer laut Kilian auch im Stammwerk auf Überkapazitäten. Die technische Fertigungskapazität wird dort von 800.000 Fahrzeuge jährlich auf 500.000 reduziert. Das entspricht etwa dem tatsächlichen Volumen der vergangenen Jahre.

Volkswagen
Das VW-Kraftwerk in Wolfsburg (Niedersachsen). © DPA Images | Moritz Frankenberg

Sparprogramme und der jüngste Tarifabschluss senken die Kosten jährlich um mehr als 4 Milliarden Euro, sagte Kilian. Davon entfielen 1,5 Milliarden Euro auf Einsparungen bei den Arbeitskosten. Er betonte, dass Vorstand und Management an der Sanierung des Unternehmens beteiligt werden.

Manager-Gehälter und Sonderzahlung bei VW sollen reduziert werden

Kilian: „Das Management wird bis 2030 aus der Reduzierung der variablen Vergütung und der Reduzierung von Sonderzahlungen voraussichtlich insgesamt einen Beitrag von über 300 Millionen Euro leisten.“ Den finanziellen Beitrag des Vorstands bezifferte Kilian zwar nicht, er sei aber „überproportional zu den Beiträgen des Managements und der Beschäftigten“.

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Das erwartet die Mitarbeiter: Nullrunden, „angepasste“ Vergütung, kleinere Gratifikationen

Auf die Mitarbeiter kommen unterschiedliche finanzielle Einbußen zu. Dazu gehören zum Beispiel Nullrunden und Abstriche bei Jubiläumsgratifikationen. Zudem will VW sein Vergütungssystem so anpassen, dass es dem Niveau der Metall- und Elektroindustrie entspricht. Das soll die Wettbewerbsfähigkeit des Wolfsburger Autobauers stärken. Das neue Entgeltsystem werde mit dem Betriebsrat in den nächsten zwei Jahren erarbeitet, kündigte Kilian an.

Die nun zusätzlich zum Ende 2023 beschlossenen Sparkurs vereinbarten Sparziele begründete Kilian mit der sich verschärfenden Marktlage. So habe sich der europäische Automarkt nach Corona nicht mehr erholt. Das habe zu Überkapazitäten geführt. Zugleich seien die Kosten für Energie, Material und Personal stark gestiegen. „Mit dem jetzt vorliegenden Maßnahmenpaket haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Volkswagen auch 2030 der technologisch führende Volumenhersteller sein kann“, sagte Kilian.

VW-Manager: Neuaufstellung der Standorte „elementarer Schritt“ für Zukunftsfähigkeit

Er bezeichnete die jüngste Tarifrunde als „die intensivsten Verhandlungen der letzten 20 Jahre bei Volkswagen“. Mit den Vereinbarungen sei er zufrieden. Kilian: „Wir konnten unsere Standorte konsequent wirtschaftlich aufstellen und wirtschaftliche Ziele setzen, um notwendige Investitionen für innovative Fahrzeuge ,made in Germany‘ zu ermöglichen.“ Das sei ein „elementarer Schritt“ für die Zukunftsfähigkeit von VW. „Einen so elementaren Umbau der Volkswagen AG und insbesondere der deutschen Standorte hat es noch nie gegeben“, sagte er.

Dieser Artikel erschien zunächst bei der „Braunschweiger Zeitung“, die wie dieses Portal zur FUNKE Mediengruppe gehört.