Berlin. Kein Alkohol, keine Süßigkeiten oder kein Kaffee? Im Januar üben viele Menschen Verzicht. Bei Koffein wird das immer schwieriger.

Der Januar ist für viele Menschen Gelegenheit für einen kleinen Selbstversuch: Was schadet einem, worauf würde es sich lohnen – sei es auch nur vorübergehend – zu verzichten? Einer der Kandidaten auf der möglichen Verzichtsliste: Koffein. Der Stoff, der natürlicherweise in den Teilen einiger Pflanzen steckt, beispielsweise in Kaffee- und Kakaobohnen, in Teeblättern, in Guarana-Beeren oder Kolanüssen, wirkt bei vielen Menschen zunächst belebend und stimulierend. Die Wirkung setzt etwa 15 bis 30 Minuten nach dem Konsum ein.

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Doch der Grund, weshalb so mancher gerne den Konsum von Koffein reduzieren würde, ist die Kehrseite der Substanz. So kommt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einer Risikobewertung zu folgendem Ergebnis: „Kurzfristig kann es bei Erwachsenen und Kindern zu negativen Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem kommen, die sich etwa in Form von Schlafstörungen, erhöhter Ängstlichkeit und Verhaltensänderungen äußern.“ Auf längere Sicht werde übermäßiger Koffeinkonsum mit Herz-Kreislauf-Problemen in Verbindung gebracht.

Koffein: Verzicht ist nicht leicht, weil Wachmacher in immer mehr Produkten steckt

Doch ein Verzicht oder auch nur eine Reduzierung des Koffeinkonsums ist weniger einfach, als es auf den ersten Blick scheint. So warnt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Ob in Form von Guarana, Matcha oder synthetischem Koffein – der Wachmacher findet sich mittlerweile auch in Lebensmitteln, in denen man ihn gar nicht erwartet.“ Und das in teilweise unkalkulierbaren Dosen.

Habe man vor einigen Jahren noch beispielsweise drei Tassen Kaffee trinken müssen, um auf eine persönlich für den Aktivitätslevel gewünschte Koffeindosis zu kommen, reiche es mittlerweile schon, einen Koffein-Kaugummi oder einen Koffein-Riegel zu sich zu nehmen. Das sei nicht unkritisch, so Antonia Brandstädter, Lebensmittelexpertin der Verbraucherzentrale: „Wenn Koffein in Süßigkeiten oder gesüßten Getränken steckt, kann das zusätzlich zur schädlichen Zuckermenge den Koffein-Konsum stark in die Höhe treiben und zum gesundheitlichen Problem werden.“

Koffein: Was bei Erwachsenen mit der Schlafqualität passieren kann

Zur Einordnung: Eine durchschnittliche Tasse Filterkaffee kommt laut dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR) auf 90 Milligramm Koffein. Drei Tassen wären also bereits 270 Gramm. Die EFSA hält Einzeldosen von bis zu 200 Milligramm Koffein für gesunde Erwachsene für unbedenklich, Tageshöchstdosis seien in diesem Fall 400 Milligramm. Bereits 100 Milligramm könnten sich auf die Qualität und Dauer des Schlafes auswirken. Bei gesunden Erwachsenen betrage die Halbwertzeit – also der Zeitraum, bis die Hälfte des Koffeins den Körper wieder verlassen hat – zwei bis acht Stunden.

Coffee break bliss: Chocolate bar paired with a cup of coffee
Schokolade, Riegel, aber auch Bonbons: Die Bandbreite an Produkten mit Koffeingehalt ist riesig. © iStock | karandaev

Die Verbraucherschützer kritisieren nun: Die Bandbreite an eigentlich unverdächtigen Produkten, die Koffein enthalten, ist groß. Zu den klassischen Koffein-Produkten wie Kaffee oder Energy-Drinks kommen Riegel, Fruchtgummis, Limonaden, Bonbons, Kaugummis und sogar koffeiniertes Wasser.

Koffein: Bei Fruchtgummis & Co. kann man schnell über empfohlener Menge liegen

In der Folge sei es allzu leicht, damit die unproblematische Menge zu überschreiten – vor allem, weil die zugesetzten Mengen sehr unterschiedlich seien. Das habe eine Prüfung von 49 Produkten ergeben. Demnach enthielten manche Kaugummis 30 und andere 60 Milligramm Koffein pro Kaugummi, also die doppelte Menge. Bei Riegeln liege sie Spanne zwischen 56 und 114 Milligramm Koffein. Bei Bonbons und Fruchtgummis gingen der Koffeingehalte noch weiter auseinander: Zwischen 10 und 40 Milligramm Koffein pro Bonbon oder Fruchtgummi wurden in der Untersuchung gefunden.

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Das Fazit der Verbraucherschützer: Je nach Produktrezeptur liege man mit einem Energydrink und einigen Koffein-Fruchtgummis schon über der empfohlenen Dosis. „Bei Jugendlichen liegt die empfohlene Tagesdosis mit drei Milligramm Koffein pro Kilogramm Körpergewicht niedriger. Um eine Überdosis durch Unachtsamkeit auszuschließen, raten wir deshalb, den Koffeingehalt gut im Blick zu halten“, warnt Expertin Brandstädter.

Koffein: Hersteller können Kennzeichnungspflicht relativ leicht umgehen

Doch das ist nicht immer einfach. Zwar gibt es Kennzeichnungspflichten. So müssen etwa bei Getränken die Hersteller ab einem Gehalt von 150 Milligramm Koffein pro Liter davor warnen, dass das Produkt nicht für Kinder, Schwangere oder Stillende geeignet ist. Doch die Verbraucherzentrale kritisiert, dass die Kennzeichnung oft nur auf der Verpackungsrückseite zu finden sei und leicht übersehbar. Trage das Produkte „Kaffee“ oder „Tee“ im Namen, falle die Kennzeichnungspflicht zudem ganz weg. Steht also beim Kindergeburtstag Eistee auf dem Tisch, wird den meisten nicht klar sein, dass und wie viel Koffein womöglich im Produkt ist.

Die Verbraucherschützer fordern daher eine klarere, umfassendere und besser sichtbare Kennzeichnung. Solange hilft nur: Ganz genau hinschauen – gerade wenn es darum geht, Lebensmittel für Kinder oder Jugendliche einzukaufen oder um einen koffeinfreien Januar.