Essen. US-Spielehändler will alle deutschen Filialen in Kürze schließen. Wie Beschäftigte und Kunden im Bochumer Ruhr-Park und in Dortmund reagieren.

„Jobs gibt es auch woanders, da mache ich mir keine großen Sorgen. Aber ich verliere hier mein Zuhause“, sagt die Leiterin der Gamestop-Filiale im Bochumer Ruhr-Park. Sie wurde wie alle anderen am vergangenen Donnerstagmorgen in einer Videoschalte darüber informiert, dass ihr Geschäft zum 31. Januar schließen soll. Nach dieser Hiobsbotschaft – am Tag vor dem so wichtigen Black Friday – sei sie zusammengebrochen, denn „dass wir hier in acht Wochen schließen sollen, ist die Hölle“. Ihre Mitarbeiter und auch viele Stammkunden seien „sehr traurig“.

Es ist ein harter Schlag für die Games-Branche in Deutschland. Der amerikanische Spiele- und Konsolen-Händler will alle seine 69 bundesweit verbliebenen Filialen schließen – das bestätigten Mitarbeiter mehrerer Filialen unserer Redaktion sowie in diversen sozialen Medien. Im Ruhrgebiet gibt es derzeit noch zwei Filialen in Bochum sowie je eine in Duisburg, Dinslaken, Oberhausen, Essen und Dortmund.

Gamestop-Deutschlandzentrale nicht erreichbar

Nach übereinstimmenden Angaben sollen alle Geschäfte Ende Januar dichtmachen. Das Unternehmen äußerte sich dazu bislang so gut wie nicht. Auch unsere schriftliche Anfrage an Gamestop Deutschland blieb bisher unbeantwortet. Unter der Telefonnummer der Zentrale im baden-württembergischen Tannheim ist derzeit niemand zu erreichen, Anrufer werden an den Online-Helpdesk verwiesen, auf dem lediglich die häufigsten Fragen und Antworten zu finden sind, jedoch nicht zur bevorstehenden Schließung.

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Lediglich auf Instagram beantwortete Gamestop vergangenen Freitag die Frage eines Nutzers, ob es wahr sei, dass alle Filialen schließen sollen, denkbar knapp mit „Ja“. Diesen Beitrag hat der Nachrichtendienst Heise geteilt, bei Gamestop ist er inzwischen aber nicht mehr zu finden. Offizielle Informationen gibt es aus der Deutschlandzentrale des US-Konzerns damit nach wie vor nicht.

Umso mehr reden und schreiben die Betroffenen und ihre treuen Kundinnen und Kunden. Dabei fällt auf, dass die Beschäftigten fast nur positiv über ihre Arbeit bei Gamestop reden, viele spielen selbst regelmäßig und haben das zu ihrem Beruf gemacht. Das Besondere auch für die Kundinnen und Kunden war bei Gamestop, dass man hier auch seine alten Spiele und Konsolen verkaufen und gebrauchte kaufen konnte. „Das gibt es so dann nicht mehr in Deutschland“, sagt der Mitarbeiter einer Dortmunder Filiale. Er sei „total überrascht“ worden vom Aus, viele Kunden sprächen ihn darauf an und seien ebenfalls traurig.

Gamestop-Mitarbeiter wurden völlig überrascht von der Hiobsbotschaft

Auch für die Leiterin der Bochumer Filiale kam die Nachricht von der Schließung „aus heiterem Himmel“, wie sie sagt. Nachdem Gamestop bereits im vergangenen Jahr rund 100 Filialen in Deutschland geschlossen hatte, habe man zwar gewusst, dass es wahrscheinlich nicht ewig weitergeht, „aber dass es jetzt so schnell geht, hätte ich nicht gedacht“. Für sie gehe damit auch „ein Stück Kindheit verloren, wir sind ja alle selbst Gamer und damit aufgewachsen“, erzählt die Filialleiterin. Deshalb komme man auch so schnell mit den Kunden ins Gespräch. „Es war immer sehr schön, mit den Leuten zu reden.“

GameStop Filialschließung
Eine Gamestop-Filiale in Braunschweig hat ihre bevorstehende Schließung bereits plakatiert und den Unternehmensschriftzug entsprechend überklebt. © FMG | Peter Kleinschmidt

Betroffen sind rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland. Laut dem Branchenmagazin „Gameswirtschaft“, das zuerst über die Schließung berichtet hatte, war Gamestop damit bisher der viertgrößte Arbeitgeber der Spiele-Branche in Deutschland. Wie alle stationären Händler litt Gamestop in der Corona-Krise unter den zeitweisen Schließungen der Geschäfte. Nach operativen Verlusten in den ersten beiden Corona-Jahren kehrte das Unternehmen in Deutschland aber im vergangenen Geschäftsjahr 2022/2023 wieder in die schwarze Zahlen zurück. Die Rendite reicht dem US-Konzern offenbar allerdings nicht aus. Er zieht sich bereits seit mehreren Jahren zusehends aus dem stationären Handel in Europa zurück.

Filialleiter: „Nach dem Videocall habe ich geweint“

Dass nun auch die letzten verbliebenen 69 Läden schließen sollen, macht vielen Betroffenen zu schaffen, wie ihre Beiträge in sozialen Medien erahnen lassen. Ein Filialleiter schrieb gleich nach besagter Videokonferenz am vergangenen Donnerstag auf der Plattform Reddit: „Ja, es ist aus für uns Ende Januar, alle 69 Läden schließen.“ Und fügt an, er habe etwas geweint nach dem Videocall am Morgen und hoffe, dass er noch einmal eine „so erfüllende Arbeit“ finden werde.

Andere wollen nicht darüber reden, bei unserer Anfrage verwiesen etwa die Filialen in Essen und Dinslaken an die - freilich schweigende - Zentrale in Süddeutschland. In einer Braunschweiger Filiale machten die Beschäftigten dagegen ihrer Enttäuschung und ihrem Frust für alle sichtbar Luft: Sie überklebten den zweiten Teil des Unternehmens-Schriftzugs, so dass nun „Gameover“ über den Spieleregalen hängt.