Berlin. Das sogenannte Dienstwagenprivileg sorgt regelmäßig für Neid. Aber was ist überhaupt dran am Subventionsvorwurf? Und wer profitiert?

Wer einen Dienstwagen fährt, erhält oft neidische Blicke. Was ist dran am sogenannten Dienstwagenprivileg? Wer profitiert wirklich davon? Eine Analyse.

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    Wer profitiert vom Dienstwagenprivileg?

    Von dem Dienstwagenprivileg, das 1996 eingeführt wurde, profitieren Autohersteller und Nutzer von Dienstwagen. „Es ist eine Form der Wirtschaftsförderung“, sagt der Direktor des Center of Automotive, Stefan Bratzel. „Die Regelung fördert indirekt auch Arbeitsplätze der Autoindustrie, in der die Fahrzeuge gebaut werden.“

    Geschätzt gibt es 2 bis 3 Millionen Dienstwagen, die vor allem von Einkommensstärkeren genutzt werden, darunter 80 Prozent Männer. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) schätzt das Subventionsvolumen pro Jahr auf 3,5 bis 5,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Am Deutschlandticket beteiligt sich der Bund mit 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.

    Wie wichtig sind Dienstwagen für die Autoindustrie?

    Von den jährlich rund 3 Millionen Neuwagen werden 2 Millionen gewerblich genutzt – also zwei Drittel. Darunter sind 10 bis 15 Prozent Mietwagen sowie 30 Prozent Eigenzulassungen von Kfz-Händlern und der Autoindustrie für Vorführfahrzeuge. „Die deutsche Autoindustrie könnte ohne die gewerblichen Bestellungen nicht überleben“, sagt Bratzel. Sie lebe maßgeblich vom Verkauf von Premiumfahrzeugen. „Diese Preise können sich viele Verbraucher gar nicht leisten“, meint Bratzel.

    Erst wenn diese Fahrzeuge nach zwei bis drei Jahren auf dem Gebrauchtwagenmarkt landen, würden sie auch für Privatleute erschwinglicher. „Dann sind sie etwa 30 bis 40 Prozent günstiger“, so Bratzel. Pro Jahr werden rund 7 Millionen Fahrzeuge weiterverkauft – rund 50 Prozent davon sind ehemals gewerbliche Neuwagen.

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    Wie könnte die Dienstwagenregelung zu mehr E-Mobilität führen?

    Um die E-Mobilität voranzubringen, müssten Verbrenner stärker besteuert werden, meint der Autoexperte Bratzel. „Sie sollte von 1 auf 1,5 Prozent erhöht werden, um die Attraktivität für E-Autos zu erhöhen.“ Auch der Verkehrsexperte der FÖS, Matthias Runkel, fordert eine höhere Besteuerung für Benziner und Diesel: „Was fehlt, ist ein negativer Anreiz für CO₂-intensive Verbrenner.“

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    Wie errechnet sich die Dienstwagenbesteuerung?

    Jedes Unternehmen kann die Kosten für einen Pkw, der betrieblich genutzt wird, als Betriebsausgabe abziehen – dazu zählen die laufenden Kosten und Anschaffungskosten, erläutert Daniela Karbe-Geßler, Leiterin Steuerrecht und Steuerpolitik im Bund der Steuerzahler. Umgekehrt muss die private Nutzung durch den Unternehmer oder Arbeitnehmer versteuert werden.

    Hintergrund: Dienstwagen versteuern: Ein Trick kann viel Geld sparen

    Die Besteuerung kann pauschal oder über ein Fahrtenbuch erfolgen. Bei der Pauschalmethode müssen 1 Prozent des Bruttolisten-Neupreises versteuert werden. Beispiel: Bei einem Neupreis von 50.000 Euro sind dies 500 Euro monatlich. Wer ein Hybrid- oder Elektroauto als Dienstwagen fährt, muss nur 0,25 Prozent des Listenpreises (bis maximal 70.000 Euro) – in diesem Fall also 125 Euro je Monat – versteuern.

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    Für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte kommen noch 0,03 Prozent vom Bruttolistenpreis dazu, multipliziert mit den Kilometern zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Alternativ kann ein Fahrtenbuch geführt werden, was aber aufwendig und bürokratisch ist. Der Arbeitgeber darf die Methode wählen.

    Wer ein E-Auto als Dienstwagen fährt, muss dafür deutlich weniger Steuern im Jahr bezahlen.
    Wer ein E-Auto als Dienstwagen fährt, muss dafür deutlich weniger Steuern im Jahr bezahlen. © dpa | Julian Stratenschulte

    Ist das Dienstwagenprivileg eine Subvention?

    „Bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw liegt keine Subvention vor“, sagt Karbe-Geßler vom Steuerzahlerbund. Es handele sich damit auch nicht um ein „Privileg“. Es werde der private Nutzungsanteil mit dem individuellen Steuersatz versteuert. Der Staat nimmt damit Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ein – aufgrund der privaten Nutzung von betrieblichen Fahrzeugen.

    Anders sehe es bei der geringeren Besteuerung von Hybrid- oder E-Fahrzeugen aus, um deren Verkauf anzukurbeln. „Dies ist eine Subvention oder Förderung von Hybrid- bzw. E-Fahrzeugen“, sagt die Steuerexpertin. „Diese Förderung wäre nicht nötig, wenn die Fahrzeuge nicht wesentlich teurer wären als Verbrennerfahrzeuge und zudem das Netz von Ladestationen deutlich besser ausgebaut wäre.“ Ein Ausbau der Ladeinfrastruktur wird laut Steuerzahlerbund dazu beitragen, dass mehr E-Fahrzeuge gekauft werden. „Steuerliche Anreize oder Kaufprämien wären somit nicht nötig.“

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    Kritiker argumentieren anders: „Das Dienstwagenprivileg ist sozial ungerecht“, meint der FÖS. Dienstwagenfahrende müssten Kraftstoff und Reparaturen selten selbst bezahlen. Die Fahrleistung spiele keine Rolle. „Die pauschale Besteuerung ist zu gering und setzt klima- und umweltschädliche Anreize“, sagt der FÖS-Verkehrsexperte Runkel. Wer einen kleinen Elektro-Dienstwagen fahre, könne pro Jahr mehr als 5000 Euro sparen im Vergleich zu Autofahrern, die einen solchen Wagen privat kaufen – inklusive Wertverlust und Kosten. Selbst bei besonders hochpreisigen Verbrennern können Dienstwagenfahrer mehr als 10.000 Euro sparen, sagt Runkel.

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    Was planen die Parteien?

    Eigentlich sollte der Steuersatz von 0,25 Prozent für E-Dienstwagen für Wagen von aktuell 70.000 Euro auf bis zu 95.000 Euro Listenpreis erhöht werden und eine Sonderabschreibung für E-Autos bis zum Jahr 2028 kommen. Darauf hatte sich die Ampel-Koalition kurz vor ihrem Bruch verständigt. Nach dem Ampel-Aus wurde allerdings auch dieses Projekt, das 600 Millionen Euro in den nächsten Jahren gekostet hätte, auf Eis gelegt. In den Wahlprogrammen taucht das sogenannte Dienstwagenprivileg bei den Grünen und der Linken auf. Während die Linke es abschaffen will, wollen es die Grünen so reformieren, dass es mehr Anreize für klimaneutrale Mobilität setzt.