Essen. Der Bundestag hat über die Klinikreform entschieden. Branchenvertreter warnen vor der Verknappung der wichtigsten Ressource: Personal.

Unternehmer aus der Medizinbranche warnen vor unbeabsichtigten Nebenwirkungen der Klinikreform: Sollte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sein Vorhaben nach dem Bundestag auch durch Bundesrat bringen, so drohe der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen weiter verschärft zu werden.

Durch die Reform sei mit einigen Klinik-Schließungen zu rechnen, sagte Cai-Nicolas Ziegler, Chef der bundesweit tätigen Zeitarbeitsfirma Doctari mit Standorten in Bochum und Dortmund. „Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass alle Beschäftigten im Gesundheitswesen extrem mobil sind und sich dann deutschlandweit auf die Suche nach einer Anstellung in einer der Metropolen machen“, so Ziegler. Viel eher sei damit zu rechnen, dass Ärztinnen, Ärzte, Pflegekräfte und andere medizinische Fachkräfte dem Markt abhandenkommen, wenn etwa im ländlichen Raum ihre Krankenhäuser schließen müssten.

Befragung: „Unzufriedenheit über Arbeitsbedingungen ist groß“

Ziegler verweist auf Befragungen unter Fachkräften, die in die Zeitarbeit gegangen sind. „Wir merken, wie groß die Unzufriedenheit über die Arbeitsbedingungen in den Kliniken ist.“ Viele wünschen sich demnach mehr Flexibilität, Gehalt und Wertschätzung. Der Wegfall des gewohnten Arbeitsorts oder ein notwendiger Umzug für einen neuen könnten für viele der Stammkräfte in den Kliniken ausschlaggebend sein, den Job an den Nagel zu hängen, glaubt Ziegler.

Cai-Nicolas Ziegler ist CEO von Doctari, einem der größten Leiharbeitsunternehmen für Ärztinnen und Ärzte in Deutschland mit Standorten auch im Ruhrgebiet.
Cai-Nicolas Ziegler ist CEO von Doctari, einem der größten Leiharbeitsunternehmen für Ärztinnen und Ärzte in Deutschland mit Standorten auch im Ruhrgebiet. © doctari | doctari

Der Bund will die Finanzierung der Kliniken neu aufstellen. Bislang erhalten Kliniken ihre Gelder auf Grundlage der Fälle, die sie behandelt haben. Künftig soll es auch eine Pauschale fürs Vorhalten von Personal geben. Das Gesetz dazu hat der Bundestag am Donnerstag, 17. Oktober, beschlossen. Die Zustimmung in der Länderkammer wird schwieriger: Mehrere Bundesländer, darunter NRW, wollen den Vermittlungsausschuss anrufen, was das Vorhaben verzögern wird.

Lauterbach will auch erreichen, dass nicht mehr alle Krankenhäuser alles anbieten, sondern ihre Leistungen zentrieren. Diesen Schritt geht NRW bereits mit der laufenden Landesklinikreform. Es wird mit Schließungen gerechnet. Die Hoffnung, dass sich die Beschäftigten auf andere Häuser verteilen und da den akuten Personalmangel abmildern, zerstreut Ziegler.

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Zeitarbeitsbranche: Innere Medizin und Intensivpflege ist gefragt

Zeitarbeit in Medizin und Pflege ist noch eine vergleichsweise junge Entwicklung. Für das bundesweit tätige Unternehmen Doctari ist NRW das wichtigste Bundesland. Hier arbeiten rund 1400 aktive Fachkräfte, mehr als ein Viertel aller Personalanfragen stammen aus NRW. Gefragt sind insbesondere Ärztinnen und Ärzte der Inneren Medizin und Anästhesie, zuletzt aber auch Pflegekräfte für Intensivstationen - und immer mehr Kinderärztinnen und -ärzte.

Die Kliniken nutzen Zeitarbeitsfirmen, um Personallücken zu schließen oder Behandlungsspitzen abzumildern. Auf den Stationen wird der Einsatz nicht nur positiv gesehen: Zeitarbeitskräfte sind für eine Klinik teurer als das Stammpersonal, das über seinen Einsatz zudem weniger flexibel entscheiden kann.

Ziegler sieht schon jetzt Versorgungsengpässe, die größer werden könnten: Der Personalmangel im OP-Bereich sei besonders hoch. „Die Nachfrage nach diesen Fachkräften ist stark gestiegen“, sagt der Chef von Doctari. Im zweiten Quartal des Jahres sind Anfragen nach solchen Fachkräften bundesweit um fast 50 Prozent gestiegen. Der OP-Rückstau und -bedarf sind laut Doctari ungebrochen hoch.

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