Bochum. Online-Bestellung bei Rewe, über Lieferando oder doch ins Geschäft? Unser Test ergab überraschend große Preisunterschiede und einen Systemfehler.
Der Wocheneinkauf steht an, noch schnell los in die Filiale - oder lieber online bestellen? Viele Supermärkte und Discounter bieten das inzwischen an. Neu ist seit vergangener Woche, dass auch Lieferando Lebensmittel nach Hause liefert - von Rewe in gut 40 Städten. Zusätzlich gibt es den eigenen, nur nicht ganz so schnellen Lieferdienst von Rewe. Also: bestellen bei Lieferando, Rewe oder doch selbst losfahren? WAZ-Volontärin Lisa-Marie Eggert hat alle drei Optionen getestet - und dabei teils deutliche Unterschiede festgestellt, sowohl bei den Lieferzeiten als auch bei den Preisen.
Rewe beliefert bereits 15 Städte im Ruhrgebiet aus einem Zentrallager in Bochum. Der neue Lieferdienst funktioniert anders: Bestellt wird über Lieferando, ausgeliefert wird von Flink; die Bestellungen kommen aus eigenen Lagern, die zuvor von Rewe bestückt wurden. In jeder Stadt, in der Flink nun für Rewe tätig ist, gibt es mindestens eines dieser Lager, die wie Supermärkte strukturiert sind. Bestellt über Lieferando, sollen die Lebensmittel in 45 Minuten ankommen. Funktioniert das?
„Rewe Express“ über Lieferando: Große Unterschiede für Liefergebühren in den Stadtteilen
Die „Rewe Express“- Lieferung von Lieferando ist über die Internetseite oder über eine App möglich, in der die Waren in Kategorien sortiert sind. Online muss man sich ein bisschen durchklicken, um alles zu finden. Die App ist intuitiver zu bedienen. Die Auswahl ist groß, allerdings scheint es nicht alle Produkte online zu geben. Ich bestelle meinen Wocheneinkauf: Frische Produkte wie Obst, Gemüse und Fleisch sowie Tiefkühlware und Süßigkeiten landen im Warenkorb. Bei Lieferando kosten die 18 Produkte 58,82 Euro, dazu kommen 4,49 Euro Liefergebühr – die erst ab 69 Euro Einkaufswert wegfällt – und 0,29 Euro für PayPal-Gebühren. Der Endpreis beträgt 63,60 Euro, abzüglich eines 10-Euro-Rabatts als Willkommensgeschenk.
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Die Liefergebühren bei Lieferando schwanken allerdings je nach Stadtteil stark. In Altenbochum gibt es einen Mindestbestellwert von 20 Euro und 4,49 Euro Liefergebühr, während wenige Straßen weiter ein Mindestwert von 35 Euro und 6,49 Euro Gebühr gilt. In Bochum-Linden war keine Lieferung möglich. Denn es wird nur per Fahrrad geliefert und das von Flink, nicht den typischen Lieferando-Fahrern in orangen Outfits.
Lieferando wirbt damit, von Montag bis Samstag je nach Standort von 7.30 bis 23.30 Uhr Einkäufe bis vor die Tür zu bringen. Ich bestelle gegen 15.40 Uhr und entscheide mich für eine Lieferung um 21.30 Uhr. Ungefähr 40 Minuten später klingelt mein Handy: „Ihre Lieferung ist da.“ Die mir versprochene schnelle Lieferung innerhalb von 45 Minuten klappt also – nur blöd, dass ich eigentlich eine spätere Uhrzeit ausgewählt hatte. Der Fahrer von Flink – auf dem Fahrrad gekommen – ist sehr freundlich und bietet an, später wiederzukommen. Es habe einen „Systemfehler“ gegeben. Ich bin arbeiten, zum Glück ist aber jemand zu Hause, der die Einkäufe annehmen kann. Der Fahrer trägt diese in zwei Isoliertaschen bis in den zweiten Stock und übergibt die Lieferung dann in zwei Papiertaschen. Die Tiefkühlsachen kommen gefroren an, das Obst und Gemüse ist frisch.
Alle Produkte sind über Lieferando teurer, als über den Rewe-Lieferdienst
Zum Vergleich habe ich die gleichen Produkte über den Rewe-Lieferdienst bestellt. Hier betrug der Endpreis 50,13 Euro, plus drei Euro für Pfandkühltaschen, die bei der nächsten Lieferung abgegeben oder verrechnet werden können. Eine kostenlose Lieferung gibt es hier ab 35 Euro. Da der Mindestbestellwert aber bei dem gleichen Betrag liegt, ist jede Lieferung kostenlos – zumindest in meinem Stadtteil.
Um 15.40 Uhr ist eine Lieferung am selben Tag leider nicht mehr möglich, ich entscheide mich für ein zwei-Stunden-Zeitfenster am nächsten Morgen zwischen acht und zehn Uhr. Eine SMS kündigt die Lieferung an, der Fahrer fährt pünktlich in einem Rewe-Lieferwagen vor. Die Tiefkühlprodukte seien in einer Kühltruhe transportiert worden, sagt er. Zumindest sehen sie auch noch tiefgefroren aus. Auch hier ist das Obst und Gemüse frisch. Ein Pluspunkt: Da die bestellten Bananen noch etwas grün sind, bekomme ich zwei Reife umsonst dazu und einen Joghurt zum Probieren. Und der Fahrer bringt mir die Taschen bis zu der Wohnungstür.
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Jedes Produkt, das ich bestellt habe, ist bei Lieferando teurer, als auf der direkten Rewe-Seite. Teilweise nur ein paar Cent, teilweise richtig viel. Das tiefgefrorene Lachsfilet kostet zum Beispiel 7,99 Euro bei Rewe, über Lieferando zahlt man 9,39 Euro. Bei der gleichen Sorte Möhren gibt es einen Preisunterschied von fast zwei Euro. Über den Rewe-Dienst zahle ich 1,29 Euro, bei Lieferando stolze 3,19 Euro. Der Gang in einen Rewe vor Ort zeigt, dass die Produkte im Geschäft fast alle genauso teuer sind wie beim Rewe-Lieferdienst. Nur bei dem Obst gibt es einige Unterschiede im Cent-Bereich.
Fazit: Fraglich, ob sich der Lieferdienst halten kann
Wer keine Zeit oder keine Lust zum Einkaufen hat, hat mit dem neuen Lieferando-Rewe-Dienst eine Alternative zum konzerneigenen Lieferservice. Im Test hat die direkte Lieferung direkt über Rewe etwas mehr überzeugt. Die Seite ist übersichtlicher, es gibt etwas mehr Angebot und die Preise sind deutlich niedriger. Ein großer Pluspunkt bei Lieferando ist definitiv die schnelle Lieferung. Positiv ist zudem, dass man je nach Standort bis spätabends Lebensmittel bestellen kann. Das ist dagegen ein Minuspunkt bei der direkten Lieferung aus dem Rewe-Markt. Bereits am Nachmittag war es zu spät, um noch für den gleichen Tag bestellen zu können.
Wer sich auf dem umkämpften Markt der Lebensmittelbelieferung durchsetzen wird und wer nicht, bleibt offen. Die Kosten für Logistik und Personal fallen bei den relativ niedrigen Gewinnmargen der Händler stark ins Gewicht. Deutlich mehr bezahlen als im Supermarkt möchten Kundinnen und Kunden aber in der Regel nicht. Neben den etablierten sind nun auch eigenständige Lieferdienste ins Lebensmittelgeschäft eingestiegen, zum Beispiel Picnic, Flaschenpost und der finnische Anbieter Wolt.
Aldi hatte im letzten Jahr als erster Discounter einen Lieferdienst gestartet, der aber zunächst nicht flächendeckend ausgebaut werden soll. Der Online-Handel mit Lebensmitteln sei wegen der hohen Kosten für Personal, Rohstoff und Logistik „aktuell kein rentables Geschäftsmodell“, hieß es. Liefergebühren stellten „in Zeiten absoluter Preissensibilität“ für viele Menschen eine Hürde dar. Ob das auch bei Rewe gilt, wird nun das Lieferando-Experiment zeigen.