Essen. Hitzewellen oder Starkregen treffen die Ballungsräume in NRW immer öfter. Eine Studie blickt in die Zukunft. Die Prognose ist düster.

Das extreme Wetter der vergangenen Monate hat in NRW seine Spuren hinterlassen. Viele Starkregenereignisse, zu wenig Sonne: Die Bauern im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands stehen vor der schlechtesten Weizenernte seit 30 Jahren. Für den Deutschen Wetterdienst (DWD) ist es „gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis“, dass extreme Wetterlagen als Folge des Klimawandels zunehmen. „Wir können gegen den Klimawandel ansteuern und uns erfolgreich anpassen. Deshalb lohnt es sich, um jedes Zehntelgrad zu kämpfen“, sagt Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des DWD 

Was aber passiert, wenn wir weitermachen wie bisher? Extreme Hitze, Dürre, Starkregen und Überflutungen: Eine neue Auswertung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV), zeigt, welche Folgen der Klimawandel für NRW in Zukunft noch haben wird – und wie sich der Worst Case vermeiden lässt.

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Klimawandel in NRW: Wie sieht die Zukunft aus?

Die Auswertung basiert auf globalen Klimavorhersagen, heruntergebrochen auf NRW. Für die Zukunft stellt Klimaexpertin Antje Kruse vom LANUV drei mögliche Szenarien vor. Demnach könnte sich das globale Klima bis 2100 folgendermaßen entwickeln:

  1. Das Klimaschutz-Szenario: Tritt ein, wenn alles, was im Pariser Klimaabkommen festgelegt ist, umgesetzt wird (Erwärmung von 0,9 bis 2,3 Grad)
  2. Das moderate Szenario: Tritt ein, wenn Klimaschutzmaßnahmen nicht flächendeckend umgesetzt werden (Erwärmung von ca. 1,7 bis 3,2 Grad)
  3. Das Weiter-wie-bisher-Szenario (Erwärmung von 3,2 bis 5,4 Grad)

In NRW ist die mittlere jährliche Temperatur seit 1881 schon um 1,6 Grad angestiegen – von 8,4 auf 10 Grad. Im schlimmsten Fall könne sie auf bis zu 13,7 Grad steigen, im besten Fall bliebe sie auf dem aktuellen Niveau von 10 Grad. NRW ist aber, was Erwärmung angeht, besonders anfällig, denn: Landmassen erwärmen sich schneller als Regionen, die von viel Wasser umgeben sind. Was aber bedeutet das konkret für einzelne Extremwetterereignisse?

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Hitzewellen in NRW: Vor allem das Ruhrgebiet ist betroffen

Pro Jahr gibt es durchschnittlich etwa acht Hitzetage – also Tage mit Temperaturen über 30 Grad – in NRW. Im Weiter-wie-bisher-Szenario muss sich die Bevölkerung bis Ende des Jahrhunderts auf durchschnittlich 28 Hitzetage pro Jahr einstellen. Die durchschnittliche Anzahl von Hitzewellen könnte sich demnach sogar versiebenfachen: von aktuell 0,3 pro Jahr auf 2,3.

Vor allem das dicht besiedelte Ruhrgebiet – bereits jetzt eine der wärmsten Regionen Deutschlands – wird von der Hitze betroffen sein. Und auch für Wälder ist die Hitze ein Problem. LANUV-Präsidentin Elke Reichert erklärt, dass die Fichtenwälder künftig verschwinden und hitzeresistenten Bäumen und Pflanzen weichen: „Im Sauerland kann man diesen Waldumbau schon an einigen Stellen beobachten.“

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Der Temperaturanstieg begünstigt außerdem Starkregen und Gewitter. Denn: Wärmere Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen – optimale Gewitterbedingungen. Weil gleichzeitig auch die Windströme abnehmen, verweilen Unwetter länger an einem Ort und können dort enormen Schaden anrichten – wie es vor Kurzem erst in Duisburg der Fall gewesen ist. Mit Starkregen werden vor allem auch Mittelgebirgsregionen wie das Sauerland zu kämpfen haben. Hier besteht die Gefahr von Hangrutschen und Sturzfluten.

Erhöhte Waldbandgefahr in NRW

Die durchschnittliche Niederschlagsmenge pro Jahr wird sich insgesamt trotzdem kaum verändern. Dafür wird es tendenziell weniger Regen im Sommer, dafür mehr im Winter geben. Außerdem wird es häufiger sehr trockene oder sehr nasse Jahre geben.

Weniger Niederschlag im Sommer bedeutet aber nicht nur Trockenheit, sondern auch erhöhte Waldbrandgefahr. Davon werden künftig auch Regionen betroffen sein, in denen Waldbrände aktuell noch so gut wie gar nicht auftreten – etwa das Sauerland. Auch die Landwirtschaft wird lernen müssen, mit häufiger Trockenheit umzugehen, denn sie gefährdet die Erträge. Da unter der Hitze auch die Tiere leiden, muss außerdem die Viehzucht angepasst werden. Aber das LANUV ist optimistisch: „Die Landwirtschaft ist anpassungsfähig.“

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Klimawandel in NRW: Was jetzt passieren muss

„Wir wissen jetzt ziemlich genau, wie sich der Klimawandel in NRW auswirkt“, fasst Reichert die Ergebnisse zusammen. Die Frage ist: Können wir noch was dagegen tun?

Damit das Klimaschutz-Szenario eintritt, müsse „umgehend was passieren“. Und zwar alles, „was in unserer Macht steht, damit das Weiter-wie-bisher-Szenario nicht eintritt.“ Nach aktuellem Stand würden die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen nicht einmal für das moderate Szenario ausreichen. Politische Entscheidungen müssen darauf ausgerichtet sein, alles im Sinne des Pariser Klimaabkommens umzusetzen.

Erforderlich sei vor allem, den Hochwasserschutz zu verbessern, Gebäude, Wälder und Grünflächen an die neuen Klimabedingungen anzupassen und Flächen zu entsiegeln. Dabei sollten sich Entscheidungsträger am Worst-Case-Szenario orientieren – das sei die beste Vorsorge.