Dortmund/Essen. Bei der Thyssenkrupp-Tochter Nucera läuft es nach einem guten Start an der Börse nicht mehr rund. Der Firmenwert hat sich halbiert.

Der Thyssenkrupp-Hoffnungsträger Nucera schwächelt. Das Dortmunder Unternehmen, das Elektrolyseure zur Herstellung von grünem Wasserstoff herstellt, leidet eigenen Angaben zufolge unter Verzögerungen bei Investitionsentscheidungen potenzieller Kunden. Es seien „Unsicherheiten“ in der Branche zu spüren, berichtet Nucera-Chef Werner Ponikwar. Er spricht von einem „herausfordernden Umfeld“. Ein niedriges Tempo bei staatlichen Förderzusagen bremse das Geschäft. „Natürlich sind wir mit der Entwicklung in den vergangenen Monaten nicht zufrieden“, räumt der Chef der Thyssenkrupp-Tochterfirma in einer Telefonkonferenz zur Zwischenbilanz von Nucera ein.

An der Börse ist Nucera stark unter Druck geraten. Der Firmenwert hat sich seit dem Start an der Börse mehr als halbiert: Im Juli vergangenen Jahres kostete eine Nucera-Aktie noch 20 Euro, aktuell sind es deutlich weniger als neun Euro. Damit wird der Wasserstoff-Spezialist noch mit rund 1,1 Milliarden Euro bewertet.

Nucera erreicht derzeit immer noch etwa die Hälfte der Marktkapitalisierung des gesamten Thyssenkrupp-Konzerns, der auf etwas mehr als zwei Milliarden Euro kommt. Die Aktie des Essener Nucera-Mutterkonzerns rangiert seit einiger Zeit angesichts einer unklaren Perspektive im Stahlgeschäft in der Nähe des historischen Börsentiefs. Ob sich die Unruhe bei Thyssenkrupp auch auf Nucera auswirke? „Wir sind ein eigenständiges Unternehmen“, sagt Nucera-Chef Ponikwar dazu auf Nachfrage.

Börsengang galt auch als Erfolg von Thyssenkrupp-Chef López

Der Börsengang von Nucera vor etwas mehr als einem Jahr galt auch als Erfolg des zu diesem Zeitpunkt frisch im Amt befindlichen Thyssenkrupp-Chefs Miguel López. Nucera ist Teil der neuen Thyssenkrupp-Sparte „Decarbon“, in der López die Konzernaktivitäten mit Klimaschutz-Technologien bündelt. Nach dem Willen von López soll ein „grünes Industrie-Powerhouse“ entstehen.

Das Nucera-Führungsduo: Firmenchef Werner Ponikwar (links) und Finanzchef Arno Pfannschmidt bei einem Auftritt vor wenigen Monaten in Dortmund.
Das Nucera-Führungsduo: Firmenchef Werner Ponikwar (links) und Finanzchef Arno Pfannschmidt bei einem Auftritt vor wenigen Monaten in Dortmund. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Rund 100.000 Beschäftigte gehören zu Thyssenkrupp, gemessen daran ist Nucera mit rund 950 Mitarbeitenden ein kleines Unternehmen. Trotz der aktuellen Unsicherheiten werde Nucera die Belegschaft vergrößern, kündigt Firmenchef Ponikwar auf Nachfrage bei der Quartalsbilanz am 13. August an. „Das ist definitiv nicht das Ende der Fahnenstange“, sagt er mit Blick auf die Beschäftigungsentwicklung.

Thyssenkrupp hält die Mehrheit am Dortmunder Elektrolyse-Spezialisten. Das italienische Unternehmen De Nora ist mit einem guten Viertel der Anteile beteiligt. De Nora stellt im hessischen Rodenbach in der Nähe von Frankfurt Zellen für die Nucera-Elektrolyseure her.

Nucera auch beim Bau eines „grünen Stahlwerks“ in Schweden beteiligt

Die Vorzeigeprojekte von Nucera befinden sich im Ausland. Als Beispiel nennt Ponikwar das Projekt „H2 Green Steel“ im Norden Schwedens, wo das erste großtechnische „grüne Stahlwerk“ Europas entstehen soll. Nucera liefert Elektrolyseure für die Wasserstoff-Herstellung.

Thyssenkrupp-Chef Miguel López will mit Nucera ein „grünes Industrie-Powerhouse“ aufbauen.
Thyssenkrupp-Chef Miguel López will mit Nucera ein „grünes Industrie-Powerhouse“ aufbauen. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Nach wie vor befindet sich Nucera auf Wachstumskurs. Im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres ist der Auftragseingang um zwölf Prozent auf 271 Millionen Euro gestiegen. In der Neun-Monats-Bilanz fiel er aber mit 522 Millionen Euro um zwei Prozent niedriger aus als im Vorjahreszeitraum.

Unlängst hatte der Nucera-Vorstand die Erwartungen gedämpft. Bislang für das kommende Geschäftsjahr 2024/25 kommunizierte Umsatz- und Ergebniserwartungen im Bereich der alkalischen Wasserelektrolyse (AWE) könne das Management nicht mehr aufrechterhalten, teilte das Unternehmen vor wenigen Tagen in einer Pflichtmitteilung mit. Das Wachstum bei Nucera sei „nicht ganz so hoch, wie wir uns das alle gewünscht hätten“, sagt Unternehmenschef Ponikwar.

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier: