Essen. An der Börse ist der Marktwert von Thyssenkrupp so gering wie noch nie. Der Druck auf Konzernchef Miguel López steigt.

Der Wert des Essener Traditionskonzerns Thyssenkrupp ist an der Börse zu Wochenbeginn auf ein historisches Allzeittief gefallen. Mit 3,23 Euro pro Wertpapier war der Kurs der Aktie am Montag zwischenzeitlich so niedrig wie noch nie. Das Unternehmen mit rund 100.000 Beschäftigten weltweit kam damit nur noch auf einen Marktwert von etwas mehr als zwei Milliarden Euro. Rund 21 Prozent der Aktien gehören der Essener Krupp-Stiftung, deren Vermögen mit dem Kursrückgang massiv geschrumpft ist.

Bislang war der 18. März 2020 das Datum des historischen Tiefstands, als eine Aktie des Stahl- und Industriegüterkonzerns nach Angaben der Deutschen Börse 3,28 Euro gekostet hatte. Zum Vergleich: In guten Zeiten des Unternehmens mussten Anleger ein Vielfaches auf den Tisch legen – beim Rekord am 30. Oktober 2007 sogar 46,92 Euro.

„Ich sehe die Aktienkursentwicklung auch mit Sorge“, sagte Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López bereits am 10. Juni bei einem Auftritt vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. „Das entwickelt sich natürlich jetzt nicht in die richtige Richtung“, räumte López ein. Aus Gesprächen mit Analysten und Investoren habe er die Botschaft mitgenommen: „Das Risiko ist einfach zu groß, um in den Wert jetzt reinzugehen.“ Sobald die derzeitigen „Unsicherheiten“ nicht mehr gegeben seien, werde sich indes bei der Aktie von Thyssenkrupp das „Potenzial voll entfalten“.

Konzernchef López: „Ich glaube an Thyssenkrupp“

Es sei „Klarheit in den Portfolio-Themen“ notwendig, sagte López mit Blick insbesondere auf die Stahlsparte, für die er ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem tschechischen Geschäftsmann Daniel Kretinsky plant. „Ich glaube an Thyssenkrupp“, betonte López, der auch selbst im großen Stil Aktien des Konzerns gekauft hatte. Beim Amtsantritt von López lag der Kurs von Thyssenkrupp bei rund sieben Euro pro Aktie.

Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López, hier bei der Hauptversammlung in Bochum, ist unter Druck.
Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López, hier bei der Hauptversammlung in Bochum, ist unter Druck. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Jürgen Kerner, der Zweite Vorsitzende der IG Metall und Vize-Aufsichtsratschef des Konzerns, hatte die Entwicklung vor wenigen Tagen mit drastischen Worten beschrieben. Dass die Thyssenkrupp-Aktie unter López massiv an Wert verloren habe, nannte Kerner „dramatisch“. „Große Ankündigungen in Richtung Kapitalmarkt haben bei Thyssenkrupp Tradition, doch die Realität holt uns immer wieder ein. Das ist erschreckend.“

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