Essen. Ex-Chefin Heike Heim war nach teuren Energiegeschäften fristlos entlassen worden. Nun soll ein Mann nachrücken, der DSW21 gut kennt.

Nach dem Wellen schlagenden Finanzskandal ist offenbar ein neuer Chef für die Dortmunder Stadtwerke (DSW) in Sicht: Der derzeitige Finanzvorstand Jörg Jacoby ist Medienberichten zufolge als Nachfolger der geschassten früheren Vorstandsvorsitzenden Heike Heim im Gespräch.

Kathrin Lögering, Sprecherin der Dortmunder Grünen-Fraktion, erklärte gegenüber dieser Redaktion, dass man Jacoby unterstütze. „Er kennt das Unternehmen und wir haben ihn als gewissenhaft erlebt. Er ist immer bemüht, mit den Gremien Rücksprache zu halten.“

Zuerst hatten die Ruhrnachrichten berichtet, dass SPD, Grüne, CDU, Linke und FDP/Bürgerliste bereit seien, Jacoby mitzutragen. Bei einer Aufsichtsratssitzung am Montag, 22. Juli, soll der 57-Jährige dem Vernehmen nach zunächst in Stellung gebracht werden. Eine tatsächliche Ernennung soll erst im Herbst stattfinden.

Millionenschaden für Stadtwerke

Die bisherige Chefin der Dortmunder Stadtwerke DSW21, Heike Heim, war unlängst fristlos entlassen worden. Hintergrund sind Energiegeschäfte, die in ihre Zeit als Vorstandschefin der Stadtwerke-Energietochter „Dortmunder Energie- und Wasserversorgung“ (DEW) gefallen sind. Die DEW hat sich ausgerechnet in der Hochpreisphase im Spätsommer 2022 für drei Jahre mit teuren Gas- und Stromkontingenten eingedeckt, die das Energieunternehmen noch immer zu sehr viel niedrigeren Preisen weiterverkaufen muss.

Bild aus besseren Zeiten: Finanzvorstand Jörg Jacoby und Vorstandsvorsitzende Heike Heim im August 2023.
Bild aus besseren Zeiten: Finanzvorstand Jörg Jacoby und Vorstandsvorsitzende Heike Heim im August 2023. © imago/Cord | IMAGO stock

In einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „Pricewaterhouse Coopers“ (PWC) ist von gravierenden Regelverstößen die Rede. Der Schaden für die Dortmunder Stadtwerke könnte sich auf bis zu 100 Millionen Euro belaufen. Zusätzlich steht der Vorwurf des Betrugs gegen die DEW-Tochter Stadtenergie im Raum: Bundesweit sollen Kundinnen und Kunden zu viel für Ökostrom und Gas bezahlt haben.

Was wusste Oberbürgermeister Westphal?

In Dortmund läuft die Aufarbeitung. Grünen-Fraktionssprecherin Lögering sagte, dass den politischen Gremien ausreichend Zeit dafür gegeben werden müsse. Dazu gehöre auch, zu klären, wer neben Heim in den Energiedeal verwickelt war.

In der Aufsichtsratssitzung am Montag könnte es für Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) ungemütlich werden. Der Stadtchef ist Vorsitzender des Aufsichtsrats bei den Dortmunder Stadtwerken. Erwartet wird, dass er sich in der Sitzung dazu äußern muss, was er von den Vorgängen bei DEW gewusst hat.

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal

„Auch für mich sind die Vorgänge rund um die Beschaffungen im Jahr 2022 erst durch die Gutachterarbeit der PwC, die wir ja selbst im Aufsichtsrat beauftragt hatten, bekannt geworden.“

Thomas Westphal

In einem knappen Statement macht Westphal gegenüber dieser Redaktion deutlich, dass er davon vorab keine Kenntnis gehabt habe. „Auch für mich sind die Vorgänge rund um die Beschaffungen im Jahr 2022 erst durch die Gutachterarbeit der PwC, die wir ja selbst im Aufsichtsrat beauftragt hatten, bekannt geworden“, teilt der Stadtchef schriftlich mit. Im Kommunalparlament, dem Rat der Stadt, könnte derweil eine millionenschwere Bürgschaft Dortmunds für Nachfragen sorgen, die im Zusammenhang mit den Energiegeschäften der DEW steht.

Finanzchef war an Verhandlungen zum Steag-Verkauf beteiligt

Jörg Jacobys Vertrag war erst im April auf weitere fünf Jahre bis Ende 2029 verlängert worden. Er ist seit 2008 im Unternehmen. Der 57-Jährige war maßgeblich an den Verhandlungen zum Verkauf jener Anteile beteiligt, die verschiedene Ruhrgebietsstädte am Kraftwerksunternehmen Steag hielten. DSW21 rechnete damals mit bis zu 700 Millionen Euro aus dem Verkauf.

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