Berlin.. Die EU-Kommission will dagegen vorgehen, dass energieintensive Unternehmen wie Thyssen-Krupp weiterhin Rabatte für ihre Stromkosten erhalten. In Brüssel stehen aber auch Vergünstigungen für deutsche Windkraftwerke auf der Prüfliste. Ab Mittwoch durchleuchtet die EU das Erneuerbare Energien Gesetz.

Die IG Metall, die Kollegen von der Chemiegewerkschaft und auch der Betriebsrat von Thyssen-Krupp Stahl stehen schon in den Startblöcken. Man bereitet Erklärungen und Proteste gegen die EU-Kommission vor. Denn Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia eröffnet am Mittwoch ein Beihilfeverfahren – unter anderem, um die Rabatte von deutschen Industrieunternehmen bei der Ökostromförderung zu überprüfen.

Detlef Wetzel, Chef der Metallgewerkschaft, befürchtet dadurch die „Entindustrialisierung Deutschlands“ und sieht Hunderttausende Stellen bedroht. Stahlunternehmen wie Thyssen-Krupp erwarten Belastungen in Millionenhöhe. Was bei dem Verfahren herauskommt, ist allerdings unklar.

Zweifel am Vorrang für erneuerbare Energien

In seinem rund 50-seitigen Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, formuliert EU-Kommissar Almunia Zweifel, ob das deutsche Gesetz über den Vorrang Erneuerbarer Energien nicht den freien Wettbewerb stört. Dann verstieße es gegen EU-Recht. Dabei geht es um die gesamte Struktur des Gesetzes: Sonnen- und Windkraftwerke in Deutschland bekommen für jede ins Netz eingespeiste Kilowattstunde Strom einige Cent Vergütung, die die Verbraucher zusätzlich zum normalen Elektrizitätspreis als Umlage bezahlen. Dieses Geld fließt an die Ökokraftwerke, um deren höhere Produktionskosten auszugleichen. Das Ziel: mehr sauberer Strom, mehr Klimaschutz.

Aber Almunias Mitarbeiter befürchten dabei eine Benachteiligung ausländischer Stromproduzenten. Wenn ein niederländisches Ökokraftwerk beispielsweise Strom in Deutschland verkauft, wird auch dieser durch die Ökoumlage verteuert. Von den Einnahmen profitiert der ausländische Anlagenbetreiber jedoch nicht.

Ausnahmen für 2800 Unternehmen

Die zweite zentrale Frage betrifft die Ausnahmen, die rund 2800 deutsche Unternehmen bei der Ökostromumlage genießen. Sie sind teilweise davon befreit, weil sie als „energieintensiv“ gelten. Ihre Stromkosten sollen niedrig bleiben und ihre Jobs geschützt werden. Aber auch das könnte eine Verzerrung des Wettbewerbs darstellen, argwöhnt die EU-Kommission.

Ihre Logik: Die Ökostrom-Fördersysteme in anderen europäischen Ländern weisen teilweise geringere Ausnahmen für die energieintensive Industrie auf. Ausländische Firmen wären also gegenüber deutschen benachteiligt. Ein zweiter Punkt: Durch das steigende Angebot der geförderten erneuerbaren Energien sinkt der Preis an der deutschen Strombörse. Davon profitieren in erster Linie einheimische Firmen. Diese Vergünstigung verstärkt die Wirkung der Ausnahmen und bevorteilt die deutsche Industrie gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten.

Staatliche Beihilfen vor Überprüfung

Unklar ist, ob Almunia das Erneuerbare-Energien-Gesetz grundsätzlich verändert sehen will. Dagegen spricht, dass die EU-Kommission die österreichische Ökostromförderung vor einigen Jahren zwar als staatliche Beihilfe einstufte, sie aber mit einigen Ergänzungen trotzdem genehmigte. Andererseits will Almunia bald auch Leitlinien vorlegen, wie die künftige Unterstützung für Energie aus erneuerbaren Quellen in Europa aussehen darf. Auf feste Fördersätze wie heute in Deutschland folgen dann vielleicht flexiblere und niedrigere Marktprämien.

Außerdem denken viele Energieexperten darüber nach, wie man die staatliche Förderung so ausschreiben kann, dass der jeweils günstigste Ökostromanbieter den Zuschlag bekommt. An diesen Ausschreibungen könnten sich dann auch ausländische Bewerber beteiligen.

Gegen staatliche Beihilfen für die Wirtschaft hat die EU-Kommission dann nichts einzuwenden, wenn ihr außergewöhnliche Belastungen gegenüberstehen. Ein Beispiel: Rabatte bei der Stromsteuer für energieintensive deutsche Firmen sind okay, weil die Firmen sich andererseits gegenüber der Bundesregierung verpflichten, ihre Energieeffizienz zu erhöhen. Will die Bundesregierung die Ausnahmen von der Ökoumlage also beibehalten, müsste sie der Industrie etwa zusätzliche Maßnahmen für den Klimaschutz auferlegen.