Essen. Viele RWE-Kraftwerke schreiben rote Zahlen. Der Energieriese RWE will angesichts stark schrumpfender Gewinne bis 2016 weitere 6750 Stellen abbauen. “Das Unternehmen geht durch ein Tal der Tränen“, sagte RWE -Chef Peter Terium.

RWE -Chef Peter Terium beschleunigt seinen Sparkurs:
Wegen der Energiewende schrumpfen die Gewinne, nun sollen Tausende Stellen
zusätzlich verschwinden. Von 2014 bis Ende 2016 will Terium rund 6750 Jobs streichen. Dann soll der
Energiekonzern 13.000 Mitarbeiter weniger haben als noch 2011. RWE macht zu
schaffen, dass die Preise an der Strombörse durch den Ausbau des Ökostroms
fallen. "Unser traditionelles Geschäftsmodell bricht uns unter den Füßen weg",
klagte Terium. Er forderte wie zuvor E.ON -Chef Johannes
Teyssen von einer neuen Bundesregierung Hilfen für die Kohle- und Gaskraftwerke.
Die Gewerkschaften warfen dem RWE-Management vor, die Beschäftigten immer mehr
zu verunsichern.

Betroffen sind unter anderem Jobs in der vom
Gewinnschwund besonders betroffenen Stromerzeugung sowie in der Verwaltung.
Personalvorstand Uwe Tigges schloss nicht aus, dass die Zahl der Mitarbeiter
nach 2016 noch weiter fallen wird. Auch durch den Verkauf von Beteiligungen
schrumpft diese von fast 74.000 im Jahr 2011 bereits auf rund 61.000. Bis Ende
2014 sind betriebsbedingte Kündigungen durch eine Vereinbarung ausgeschlossen.
"Wir wollen den Vertrag bis mindestens Ende 2018 verlängern", sagte
Verdi-Vertreter Hans Peter Lafos der Nachrichtenagentur Reuters. Tigges lehnt
das ab und will betroffene Mitarbeiter über eine Jobbörse
vermitteln.

Zudem sollen sich die Gewerkschaften in der nächsten
Tarifrunde bescheiden. "Eine Nullrunde ist mit uns nicht zu machen", betonte
dagegen Lafos, der die Interessen der Arbeitnehmer auch im Aufsichtsrat von RWE
vertritt. "Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten die Zeche für eine
verfehlte Konzernstrategie zu zahlen haben", kritisierte auch die Gewerkschaft
IGBCE.

Ausbau des Ökostroms vermasselt Energieriesen das Geschäft

RWE machen wie E.ON und zahlreichen Stadtwerken die gefallenen
Stromgroßhandelspreise zu schaffen. Diese sind wegen des Ausbaus des Ökostroms
und des Überangebots an Kraftwerken in Europa seit 2010 von über 60 auf 38 Euro
je Megawattstunde gefallen. "Das Unternehmen geht durch ein Tal der Tränen",
sagte Terium. Erst 2015 könne es wieder langsam bergauf
gehen. Für 2014 rechnet der Manager damit, dass der Gewinn vor Zinsen, Steuern
und Abschreibungen (Ebitda) auf 7,6 bis 8,1 Milliarden Euro sinkt nach neun
Milliarden Euro in diesem Jahr. Die Ertragslage in der konventionellen
Stromerzeugung habe sich in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres bereits
deutlich verschlechtert. "Wir haben hier fast zwei Drittel vom betrieblichen
Ergebnis des Vorjahres eingebüßt."

Die Energieriesen fordern von einer
neuen Bundesregierung staatliche Hilfen für ihre Kohle- und Gaskraftwerke. Diese
müssen für den Ökostrom einspringen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind
nicht weht. RWE erzeugt mehr als die Hälfte seines Stroms mit Kohlekraftwerken.
Die Versorger wollen sich die Bereitstellung konventioneller Energie bezahlen
lassen. "Wir liefern und wir verdienen kein Geld damit", sagte
RWE-Vorstandsmitglied Rolf Martin Schmitz. Er räumte ein, dass eine neue
Regelung nicht umsonst zu haben sei. "Das wird zu einer Erhöhung des
Strompreises führen, wenn man das insgesamt fasst. Aber sie können eben für
36/37 Euro die Megawattstunde keinen Kraftwerkspark fahren. Das ist
unmöglich."

AKW-Betreiber wollen Rückstellungen nicht hergeben

Union und SPD haben sich noch nicht entschieden, ob es Hilfen
für die Kraftwerke gibt. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft (SPD) macht sich für Kohle- und Gaskraftwerke stark, im
Bundesumweltministerium von Peter Altmaier (CDU) treffen diese Überlegungen auf
Vorbehalte.

Statt Hilfe droht den Versorgern vielmehr neues Ungemach.
Einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Papier der
Koalitionsarbeitsgruppe Umwelt zufolge könnten die Atomkraftwerksbetreiber für
die Finanzierung der Abriss- und Entsorgungskosten zu Zahlungen in einen
öffentlich-rechtlichen Fonds verdonnert werden. Hinter der Idee steht die
Befürchtung, die AKW-Betreiber könnten nicht ausreichend vorgesorgt haben. E.ON,
RWE, EnBW und Vattenfall wollen den Zugriff auf ihre Rückstellungen von über 30
Milliarden Euro behalten. "Von einem solchen Fonds halten wir gar nichts, um es
ganz deutlich zu sagen", sagte RWE-Vorstand Schmitz.

Von Januar bis Ende
September konnte RWE nur dank eines Sondereffekts seinen Betriebsgewinn mit 6,71
Milliarden Euro etwa auf dem Vorjahresniveau halten. In dem Gewinn ist aber eine
Rückzahlung des russischen Gaslieferanten Gazprom von rund einer Milliarde Euro
verbucht. Unter dem Strich brach das Ergebnis um 67,6 Prozent auf 609 Millionen
Euro ein. Im dritten Quartal fuhr RWE sogar einen Verlust von 370 Millionen Euro
ein. Die Aktie verlor zeitweise mehr als acht Prozent. "Das Zahlenwerk ist
enttäuschend und durch den Ausblick wird der Bericht auch nicht besser", sagte
ein Börsianer.