Paris. Die Ermittlungen der europäischen Behörden offenbaren die monströsen Ausmaße des Betrugs. Dem Unternehmen Spanghero wird systemathische Umetikettierung vorgeworfen. EU will regelmäßige Gentests einführen.

Durch die Ermittlungen der europäischen Behörden wird allmählich die Dimension des Pferdefleisch-Skandals deutlich. Nach Informationen der Pariser Regierung soll das französische Unternehmen Spanghero in den vergangenen Monaten insgesamt 750 Tonnen Pferdefleisch falsch deklariert in Verkehr gebracht haben. Das entspricht dem Gewicht von etwa 1500 ausgewachsenen Reitpferden.

"Es ist als Pferdefleisch bei Spanghero eingetroffen und als Rindfleisch rausgegangen", sagte der französische Verbraucherminister Benoit Hamon am Donnerstagabend. Es handele sich um "Wirtschaftsbetrug", für den sich Spanghero verantworten müsse. Dem Lebensmittelbetrieb wurde die Lizenz zur Fleischverarbeitung entzogen.

Noch am Montag hatte Spanghero erklärt, dass es sich strikt an die europäischen und französischen Regeln halte. Das Unternehmen habe Rindfleisch aus der EU gekauft und weiterverkauft, teilte Spanghero mit.

Strengere Kontrollen gefordert

Bei den ersten in Deutschland entdeckten falsch deklarierten Produkten lag der Pferdefleisch-Anteil ersten Untersuchungen zufolge zwischen "zwischen fünf und 50 Prozent", wie der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) berichtete. Pferdefleisch ist in der Bundesrepublik inzwischen in Tiefkühl-Lasagne der Supermarktketten Edeka und Real gefunden worden.

Bundesverbraucher-ministerin Ilse Aigner (CSU) rief die Behörden zu Wachsamkeit auf. "Wichtig ist, dass alle falsch gekennzeichneten Produkte schnell vom Markt genommen und Proben in den Labors gründlich untersucht werden, auch auf Arzneimittelrückstände", sagte sie. In Großbritannien waren im Pferdefleisch Reste eines entzündungshemmenden Mittels gefunden worden. Außerdem wurden in Großbritannien drei Menschen wegen Betrugsverdachts festgenommen, wie der Rundfunksender BBC berichtete.

Künast sieht Verantwortung auch beim Verbraucher

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast betonte allerdings, auch die Verbraucher trügen eine gewisse Verantwortung: "Wer glaubt, das man für 1,29 Euro hohe Qualität bekommt für eine Tiefkühl-Lasagne, der liegt falsch", sagte sie in der ARD.

Am Freitag will die EU-Kommission die Eckpunkte eines gemeinsamen Aktionsplans vorstellen, der Tausende DNA-Tests bei verarbeitetem Rindfleisch und umfangreiche Untersuchungen von Pferdefleisch auf Medikamente vorsieht. Nach dem Brüssler EU-Beschluss könnten es die ersten 2500 Gentests im März geben, etwa 200 davon in Deutschland. Ergebnisse sollen EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg zufolge Mitte April veröffentlicht werden.

Um sicherzustellen, dass Verbraucher kein mit Medikamente verseuchtes Fleisch zu sich nehmen, schlägt die EU-Kommission eine weitere Testreihe vor. Dabei sollen die Behörden Pferdefleisch auf mögliche Rückstände des Medikaments Phenylbutazon untersuchen. Das Mittel wird bei Pferden gegen Entzündungen eingesetzt. Es gilt auch als Doping-Mittel im Pferdesport. 1500 in die EU eingeführte Pferdekadaver sollten untersucht werden, zudem 2500 in Europa geschlachtete Tiere.

Remmel fordert zusätzliche Meldepflicht

NRW-Verbraucherschutzminister Remmel begrüßt den Vorstoß der Europäischen Kommission nach europaweiten Gentests. Während in Deutschland "jede Imbissbude vor Ort" kontrolliert werde, hinke die Überwachung auf europäischer Ebene hinterher, sagte Remmel.

Der NRW-Verbraucherschutzminister sprach sich zudem für eine stärkere Meldepflicht aus. Der Handel habe schon Tage früher den Hinweise auf Pferdefleisch in den Lebensmitteln gehabt und angefangen, die Produkte aus den Regalen zu nehmen. Hätte es eine Meldepflicht gegeben, dann hätten die Behörden "schon zehn Tage früher reagieren können", sagte Remmel. Aber auch eine Internetplattform sei denkbar, auf der Verdachtsfälle eingestellt und damit die Verbraucher schneller informiert werden könnten. (dapd/dpa)

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